Wie häufig sind Panikstörungen?

Wie bei allen Angststörungen ist es auch bei der Panik: Frauen leiden häufiger daran als Männer, je nach statistischer Erhebung sogar bis doppelt so oft. Grundsätzlich ist zwischen Panikattacke und Panikstörung zu unterscheiden. Panikattacken sind ziemlich häufig: ungefähr zehn Prozent der Bevölkerung macht diese Erfahrung immer wieder einmal. Etwa jede fünfte dieser Personen entwickelt eine Panikstörung.

 

Wie kommen Panikstörungen zustande?

Die Panikstörung unterscheidet sich von der sporadisch auftretenden Panikattacke durch die Häufigkeit und das Fehlen eines deutlich erkennbaren Anlasses. Der Übergang ist fließend: Wer bereits eine Panikattacke erlebt hat, möchte begreiflicherweise der nächsten gern aus dem Weg gehen. Nur ist dieser Wunsch, wenn Personen ohnehin schon besonders viel mit der Angst zu tun haben, oft zusätzlich sehr stark von Angst bestimmt. Diese Menschen haben also „Angst vor der Angst“, was sich natürlich leider darin auswirkt, dass der Angstpegel steigt. Somit wird der Wunsch, keine Angstattacke mehr erleiden zu müssen, zum Verhängnis, denn gerade so kann sie wieder hervorgerufen werden. Das ist besonders dann der Fall, wenn Personen eine hohe, mitunter hypochondrische Sensibilität für scheinbar verdächtige Körpersymptome entwickeln. Häufig deuten sie gewisse Abweichungen des Herzschlags oder Empfindungen von Körperregionen und -tätigkeiten, die mit dem Herz zu tun haben könnten, als Anzeichen dafür, dass „etwas nicht stimmt“. Zum Beispiel fantasieren sie, kurz vor einem Herzinfarkt zu stehen. Nun sind sie bereits fokussiert auf diese Symptome und die Angst wird größer. Dadurch treten nun aber auch genau die Symptome auf, die sie von der Panikattacke her kennen: Schwitzen, Zittern, Schwindel, Enge im Brustraum, Herzrasen. Wenn eine Dynamik dieser Art zum Selbstläufer wird, spricht man von einer Panikstörung. Nicht selten beginnt die Leidensgeschichte panikgestörter Menschen bereits im Kindes- oder Jugendalter.

 

Wie äußern sich Panikstörungen?

Wenn das Gemisch aus Angst vor den Panikattacken und ihrem tatsächlichen Auftreten zum mehr oder weniger dauerhaften Zustand und somit zur Panikstörung geworden ist, ist die Person übermäßig stark damit beschäftigt, darüber nachzugrübeln und sich von Situationen fernzuhalten, die wieder neue Attacken begünstigen könnten. Dadurch kann sie erheblich in ihrer Leistungs- und Genussfähigkeit eingeschränkt sein und sich zurückziehen. Das liegt besonders nahe, wenn die Panikstörung mit anderen Angstproblemen verbunden ist, wie zum Beispiel einer Agoraphobie (Angst vor großen Menschenmengen). Solche Kombinationen sind häufig wie auch Folgeprobleme, zum Beispiel überhöhter Drogen- und Alkoholkonsum, um sich Ruhe zu verschaffen.

Das Wichtigste ist, sich selbst das Problem zu erlauben. Es ist sehr unangenehm, unter einer Panikstörung zu leiden, aber es ist keine Katastrophe.

Außerdem erleben die Betroffenen eben auch tatsächlich immer wieder Panikattacken. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass die beschriebenen typischen Angstsymptome besonders stark werden. Wesentlich sind dabei aber die Schreckensfantasien: Das sind sehr bedrängende Vorstellungen davon, qualvoll zu sterben, „durchzudrehen“ und „verrückt“ zu werden, um dann den Rest des Lebens in der Psychiatrie zu verbringen, sich vor anderen Menschen durch die auftretende Attacke furchtbar zu blamieren oder ihnen unerträglich zur Last zu fallen und dergleichen mehr.

 

Das „Gute“ an Panikattacken ist, dass die Katastrophen-Fantasien alle nichts mit der Realität zu tun haben und dass der menschliche Organismus so eingerichtet ist, solch einen extremen Angstzustand selten länger als eine halbe Stunde lang andauern zu lassen. Panikattacken vergehen also, wenn sie nicht in ein destruktives Folgeverhalten münden, wieder von selbst.

 

Was kann man bei einer Panikstörung für sich selbst tun?

Das Wichtigste ist, sich selbst das Problem zu erlauben. Es ist sehr unangenehm, unter einer Panikstörung zu leiden, aber es ist keine Katastrophe. Von diesem Standpunkt aus kann man das Problem als Herausforderung anstatt als Gefahr oder Peinlichkeit definieren. Um die Herausforderung zu meistern, sollte die Person sich fachliche Hilfe gönnen. Es wird allemal ihr eigener Mut sein, der die Angst bezwingt, aber den muss sie erst einmal gewinnen. Einfühlsame fachliche Begleitpersonen können dafür die entscheidenden Hilfen geben.

 

Ferner ist auch zu empfehlen, die „verdächtigen“ Körpersymptome medizinisch abklären zu lassen. Information über den Gegenstand der Angst ist eines der wertvollsten Mittel, sich nicht mehr vor ihm zu fürchten. Dieser Zweck wird auch dadurch erfüllt, dass sich die Person durch geeignete Literatur ein sachgemäßes Bild von ihrer Störung macht.

 

Wie können Angehörige und Freunde Betroffenen beistehen?

Das soziale Umfeld Betroffener unterstützt sie am besten dadurch, dass es Mitgefühl zeigt, ohne das Problem zu dramatisieren, und dass es zwar einerseits Rücksicht auf die Scham nimmt, andererseits aber auch nicht davor zurückscheut, das Problem beim Namen zu nennen: „Du hast offenbar Panikattacken. Das ist sehr unangenehm, aber kein Weltuntergang. Sehr viele ganz normale Menschen leiden darunter. Und man kann etwas dagegen machen.“ Die Betroffenen brauchen Ermutigung zur Psychotherapie.

 

Wann brauchen Betroffene professionelle Hilfe und worin kann sie bestehen?

Es gilt festzuhalten: Wenn tatsächlich der Verdacht auf eine Panikstörung besteht, wird man kaum ohne fachliche Hilfe damit zurechtkommen. Einleitende und begleitende medizinische Hilfe kann in der angemessen dosierten Verabreichung angstlösender Medikamente und von Antidepressiva bestehen.

 

Damit ist es bei einer Panikstörung aber nicht getan. Vor allem mit der Methodik der Kognitiven Verhaltenstherapie kann die Person lernen, ihr Vermeidungsverhalten zu überwinden und ihre destruktiven Horrorfantasien durch angemessene, realistische Vorstellungen zu ersetzen. Insbesondere dann, wenn der Weg in die Panikstörung schon früh in der Lebensgeschichte der Person begonnen hat, weil sie etwa ein ängstliches Kind ängstlicher Eltern war, die sie zu sehr vor den Gefahren des Lebens schützen wollten, kann im Zentrum der Fantasien der Gedanke stehen, selbst gar nicht in der Lage zu sein, mit bedrohlich erscheinenden Herausforderungen fertig werden zu können. Das Zentrum der Therapie bilden sinnvollerweise in diesen Fällen dann längerfristig Maßnahmen, die das Selbstbewusstsein stärken.

Dr. Hans-Arved Willberg

ist Theologe, Philosoph sowie Sozial- und Verhaltenswissenschaftler. Er leitet das Institut für Seelsorgeausbildung (ISA) und ist selbstständig als Rational-Emotiver Verhaltenstherapeut (DIREKT e.V.) und Pastoraltherapeut, Trainer, Coach und Dozent mit den Schwerpunkten Burnoutprävention und Paarberatung sowie als Buchautor tätig. Er hat mehr als 30 Bücher und zahlreiche Zeitschriftenartikel veröffentlicht.  

 

www.life-consult.org

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