MINDO: Tina, soeben ist dein neues Buch erschienen, das den Titel „Auf das Leben!“ trägt. Worum geht’s?
TINA TSCHAGE: In diesem Buch geht’s ums ganze Leben – und dass ich es doch umarmen kann, und zwar mit ausnahmslos allem, was es mir bietet. Dazu gehören all die schönen Dinge, die es zu feiern gilt: Geburtstage, Jahrestage, Abschlüsse, Hochzeiten und so weiter; und eben auch all die weniger schönen, die traurigen: Wenn ich verlassen werde, etwas oder jemanden vermisse, mir was fehlt, ich krank bin oder jemand stirbt.
Zur Beerdigung gehört meist auch eine Trauerfeier – und da steckt ja nun einmal auch das Wort „Feier“ drin. Ich mag das, denn genau das ist mir so wichtig: dass Feiern nicht unbedingt „fröhlich sein“ heißen muss – auch wenn es oft genau das ist, aber eben nicht immer.
Zum Leben gehört die ganze Palette: das Schöne und das Traurige, das Fluffige und das Schwere. Es gehört alles zusammen. Und ich bin überzeugt, dass ich das Schöne und Fröhliche nur wirklich wahrnehme – auch das Kleine darunter! – wenn ich das Traurige und Schwere nicht komplett ausblende. Es will alles gesehen werden. Feiern, trauern, bedenken, zelebrieren sind die vier Schlagworte, die mir bei diesem Buch so wichtig sind. Oder anders gesagt: Umarme das Leben mit allem, was es dir bietet!
„Zum Leben gehört die ganze Palette: das Schöne und das Traurige, das Fluffige und das Schwere.“
Warum sind Rituale für uns eigentlich wichtig?
TSCHAGE: Rituale sind ja diese Sachen, die wir regelmäßig machen – stündlich, täglich, jährlich. Sie geben unserem Leben wohltuende Struktur. Dieses abschätzige „Das-habe ich-schon-immer-so-Gemacht“ bringt mir ja auch Sicherheit und Ordnung. Und die brauchen wir tatsächlich alle. Unser Körper und unsere Seele lechzen nach Struktur, nach einem immer wiederkehrenden Ablauf des Lebens. Wenn unser Gehirn sich ständig neu anpassen müsste, da wären wir permanent fix und alle! Das merken wir in Krisen, wenn alles plötzlich anders ist, oder nach Umzügen, wenn wir uns komplett neu orientieren müssen: Das ist anstrengend! Klar, wir können das schaffen. Aber wir merken, dass Rituale schlicht und einfach guttun, besonders in trubeligen Zeiten. Nach dem Aufstehen erst einmal in Ruhe eine Tasse Kaffee oder Tee trinken und dabei was lesen – und das jeden Morgen. Ein kurzer Yogaflow am Nachmittag. Oder abends zum Einläuten des Feierabends in die Jogginghose schlüpfen. Alles das signalisiert meinem Körper und meiner Seele etwas – und genau das kann ich mir zunutze machen. Meine Jogginghose am Abend heißt: „Jetzt ist Pause.“ Und das tut so gut!
Neben den großen Lebensab- und -einschnitten gibt es ja auch im ganz normalen Alltag den Wunsch nach schönen Umrahmungen. Dein persönliches Lieblings-Alltagsritual?
TSCHAGE: Oh, ich habe so viele Lieblingsrituale! Eines habe ich gerade schon erwähnt: Das Schlüpfen in die Jogginghose. Den Feierabend von außen an mich heranzutragen mag ich sehr! Ich versuche gerade auch, etwas Neues zu installieren: Ich will zu Hause – also während meiner Homeoffice-Tage – meinen Mittagsschlaf auf meiner Akupunktur-Matte verbringen. Das tut mir nämlich unglaublich gut, aber bisher übe ich noch, daran zu denken. Mein Mittagsschlaf an sich ist ein ganz, ganz wichtiges Ritual für mich! Ich besitze die schöne Fähigkeit, tatsächlich 15 Minuten tief schlafen zu können und dann wieder von allein und gut erholt aufzuwachen. Und diesen Powernap mache ich in jedem Büro, am liebsten auf dem Fußboden. Ein wichtiges Ritual für meine vielen Reisen ist, dass ich immer mein kleines Reisekissen dabei habe – ein Stück Zuhause für unterwegs. Und so könnte ich ewig weitererzählen von den vielen kleinen Ritualen im Leben der Tina T.
Tina, vielen Dank für diese Einblicke!
Die Fragen stellte Sabine Müller.