Wie heißt’s?

„Du und die anderen – Mit dem Enneagramm auf dem Weg zu gelingenden Beziehungen“

 

Wer hat’s geschrieben?

Suzanne Stabile ist als Referentin, Kursleiterin und international anerkannte Trainerin für das Enneagramm unterwegs. Ihr Wissen zum Enneagramm hat sie bisher bereits in Hunderten von Seminaren und Workshops in Universitäten, Gemeinden und anderen Organisationen weitergegeben. Gemeinsam mit Ian Morgan Cron hat sie zum Thema bereits das Buch „Wer du bist: Mit dem Enneagramm sich selbst und andere besser verstehen“ verfasst.

 

Worum geht’s?

Seit der evangelische Pfarrer Andreas Ebert das erste Werk des Franziskanerpaters Richard Rohr zum Enneagramm übersetzte und damit einen Riesenhype auslöste, sind über 30 Jahre ins Land gegangen, viele neue Produkte auf den Markt gekommen und so mancher hat sich zum Enneagramm-Trainer lassen ausbilden lassen.

 

Die Stärke des vorliegenden Buches sind die vielfältigen Erfahrungen der Autorin. Sie schüttet ein Füllhorn an Geschichten aus, in denen sie die vor allem für Enneagramm-Neulinge abstrakt anmutende Lehre sehr lebendig erläutert und ihren Nutzen für Beziehungen anschaulich darstellt. Suzanne Stabile bricht das, was Helen Palmer in „Das Enneagramm in Arbeit und Liebe“ komplexer und umfangreicher beschrieben hat, noch eine Stufe verständlicher herunter und macht den Gewinn für ein wohlwollendes Miteinander in Beziehungen sehr deutlich.

 

Zu Beginn wird der Leser auf zehn Seiten kurz und knapp in das Enneagramm eingeführt und vor der ausführlichen Vorstellung jeder einzelnen Figur deren Wesen, Flügel, Stress- und Trostpunkt erörtert. Schließlich wird die Motivation zum Lesen des Buches markiert. Sie gipfelt darin, dass unser Verständnis von dem, wer wir sind, sich auf jede Beziehung auswirkt. Daran zu arbeiten, lohnt. Erkenntnisse aus dem Enneagramm können Gemeinschaften verändern und tragfähige Beziehungen bauen.

 

Wie ich es finde.

Als jemand, der seit Jahren mit dem Enneagramm unterwegs ist, war ich zunächst wegen des Plaudertons der Autorin etwas skeptisch. Macht es sich da jemand nicht vielleicht mit sehr tiefen Erkenntnissen etwas sehr leicht? Zunehmend jedoch hat mir dann der klare, sehr leserfreundliche Aufbau gefallen. Auch bin ich von dem Bemühen Suzanne Stabiles, ein komplexes und unter Christen häufig auch angstbesetztes Thema auf diese Weise kommunikativ rüberzubringen, sehr überzeugt. Die didaktische Kleinschrittigkeit hält den Leser bei Laune und die Neugier wach. So titelt sie für jeden der neun Typen stringent nach demselben Muster, zum Beispiel: „Die Drei und die anderen“, „Die Drei in Beziehungen“ oder „Beziehungen für die Drei“.

 

Weil das Enneagramm eine Möglichkeit ist, sich selbst zu entwickeln, finde ich besonders hilfreich, wie die Autorin den einzelnen Figuren am Ende jeden Kapitels den Spiegel vorhält. Dafür sorgen die Hinweise: „Was Sie können“, aber auch: „Aber was Sie nicht können“. Schließlich resümiert sie, was jede Figur bei aller Entwicklungsfreude wird akzeptieren müssen. So muss zum Beispiel eine Acht akzeptieren, dass sie am Ende doch nicht alles kontrollieren kann oder dass nicht alle die Dinge so beherzt anpacken werden wie sie. Die Vier wird damit leben, dass es nicht alle so wichtig finden, authentisch zu sein. Freunden der Vier wird geraten, ihnen trotz ihrer Stimmungsschwankungen das Geschenk zu machen, nicht wegzurennen, sondern einfach da zu sein. Und wenn die Zwei einen unverhältnismäßig heftigen Wutausbruch hat, hat sie wieder einmal eigene Bedürfnisse vernachlässigt. Hier und da gibt es nüchterne Hinweise: „Machen Sie sich klar: Für eine Acht ist Ihre Art, die Welt zu sehen ebenso absurd, wie für Sie die Sicht der Acht.“ Tja, dann mal an die Arbeit!

 

Wer sollte es lesen?

Menschen, die neugierig sind auf die Andersartigkeit anderer Menschen. Enneagramm-Interessierte, denen „Das Enneagramm“ von Richard Rohr möglicherweise zu sperrig oder gestelzt daherkam. Das Buch macht tiefe Weisheit zugänglich und nahbar, weil es zügig ans Eingemachte, zur „Beziehungssache“ kommt, und erzählt, wie sich das Wissen um andere Typen in der Praxis anfühlt. So lässt die Autorin beispielsweise in einer der vielen Geschichten die Vier nach einem gestressten Tag erleben, dass ihr Partner ihr die Gefühle nicht ausredet, sondern sie darin belässt. Sie schildert die Bedeutung eines getakteten Tagesablaufs für die Fünf und macht damit nachvollziehbar, warum diese kaum Unterbrechungen dulden kann. Sie lässt eine Musikerin zu Wort kommen, die als Sechs von lauter Visionären umgeben ist und damit vollauf zufrieden lebt, weil sie sich gerne und ohne Neid an die Lebensträume anderer anhängt.

 

Wer also das Anliegen verfolgt, etwas toleranter und großzügiger mit sich und anderen umgehen zu lernen, dem sei dieses Buch wärmstens empfohlen. So mancher Aha-Effekt oder Lacher ist immer dabei. Zudem macht das Buch Hoffnung. Das Enneagramm sagt uns nämlich nicht in erster Linie, wer wir sind, sondern vor allem, wer wir sein können.

 

Wo ist es erschienen?

adeo Verlag (Asslar), 208 Seiten, EUR 18,– (gb.), EUR 15,99 (E-Book)

 

 

DOROTHEA GEBAUER ist Lehrerin, Journalistin, Kommunikationsberaterin MBA und Leiterin des Schweizer Denk-Betlabors und Aktionslabors „ChristNet“.

 

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