Ihr wahrer Kern macht sie geschmeidig glatt und darum so gefährlich: Falsche Überzeugungen, die schnell zu „Glaubenslügen“ werden. Bleiben sie unerkannt, beschädigen sie über kurz oder lang die Beziehung zu Gott und unser Denken, Fühlen und Handeln. Die Theologin Nicole Sturm enttarnt sie und ermutigt zu einem neuen Denken. 

 

 

1. Erkennen

Vermutlich hat so ziemlich jeder schon einmal den gut gemeinten Rat bekommen: „Lies in der Bibel – dort findest du die Antwort auf alle deine Fragen.“ Der Tipp, in der Bibel zu lesen, ist immer gut. Nur stimmt es einfach nicht, dass sich dort Antworten auf alle Fragen des Lebens finden lassen – und schon gar nicht in Form eines knackig-kurzen Verses.

 

2. Entlarven

Für jemanden, dem stets – vielleicht sogar von Kindheit an – vermittelt wurde, dass die Bibel auf alle, wirklich alle Fragen eine Antwort hat, kann es ganz schön frustrierend sein, wenn er schließlich feststellt, dass man auf so manche Fragen doch keine Antwort findet. Und das wiederum hat leider oft dazu geführt, dass die Bibel als ein Buch abgestempelt wird, das Menschen des 21. Jahrhunderts gar nichts mehr zu sagen hat – was genauso falsch ist wie die Aussage, dass die Bibel auf jede Frage eine Antwort habe.

Eine gängige Bewältigungsstrategie beim Nicht-Auffinden passender Aussagen ist, sich einfach selbst etwas zusammenzuschustern. Da werden dann einzelne Bibelverse aus dem Kontext gerissen, situationsspezifische Aussagen verallgemeinert etc. – ganz nach dem Motto „Was nicht passt, wird passend gemacht!“ Auch beliebt, aber falsch: Die Folgerung, dass alles, was nicht explizit verboten ist, automatisch erlaubt sei.

 

3. Ersetzen

Auch wenn die Aussage, in der Bibel fände man die Antwort auf alle Fragen des Lebens, nicht stimmt, so ist doch richtig, dass sie Antworten auf sehr, sehr viele Fragen des Lebens bereithält. Auf die Frage: „Essen wir heute Abend Pizza oder Pasta?“ findet sich keine Antwort – sehr wohl aber zu weitaus wichtigeren Themen wie dem Sinn des Lebens, Schuld und Vergebung, dem Wesen Gottes, seinem Plan für diese Welt u. v. a. m. Und auch auf viele Fragen, die uns im 21. Jahrhundert bewegen, lassen sich in der Bibel Antworten finden – man muss lediglich bereit sein, genauer hinzuschauen. Eine Google-Stichwortsuche hilft da meist nur bedingt weiter.

Bezüglich mancher Fragen ist die Bibel uneindeutig. Diese Tatsache gilt es in Demut stehen zu lassen, statt zu behaupten, Uneindeutiges sei eindeutig.

Ehrlich wäre es, zu sagen, dass die Bibel zwar nicht auf alle, aber doch auf sehr viele (Lebens-)Fragen eine Antwort bereit hält. In manchen Punkten jedoch bleibt sie uneindeutig. Und da gilt es, diese Tatsache in Demut stehen zu lassen – statt zu behaupten, Uneindeutiges sei eindeutig. Ebenfalls wichtig und wahr: Auch wenn die Bibel nicht auf alles eine eindeutige Antwort hat – Gott hat sie. Daher ist es gut, mit ihm im Gespräch zu sein.

 

4. Einüben

Die Bibel hält unglaublich viele Antworten parat – man muss sie nur finden. Ein paar Stichworte in eine Suchmaschine einzugeben, reicht oft nicht aus. Stattdessen haben sich folgende Herangehensweisen bewährt:

 

1. Nehmen Sie sich Zeit, um mehr über Gott zu erfahren – über sein Wesen, seine Werte sowie die Prinzipien, nach denen er handelt.

 

2. Lesen Sie in der Bibel – am besten regelmäßig und nicht nur immer die gleichen Lieblingspassagen, sondern die Bibel als Ganzes. Nur so bekommen Sie einen ganzheitlichen Eindruck von Gott und dem, was er sich wünscht und gut nennt. Sie werden Texte lesen, die Ihnen zu einem späteren Zeitpunkt bei der Suche nach Antworten helfen können.

 

Nehmen wir das Beispiel von Frau S. Sie hat seit einigen Jahren ein Arbeitszimmer daheim, das sie geschäftlich nutzt und dementsprechend auch von der Steuer absetzt. Nun hat sie im vergangenen Jahr so gut wie gar nicht dort gearbeitet. Stattdessen haben die Kinder es zum Bastelzimmer erklärt und im Laufe der Zeit wurde es immer mehr zur Abstellkammer. Soll sie den Raum auch dieses Jahr wieder von der Steuer absetzen? Theoretisch wäre er nach einer kurzen Räumaktion ja schnell wieder einsatzbereit …

Eine Stichwortsuche nach dem Wort „Arbeitszimmer“ ist hier wenig hilfreich – weder bei Google noch in einer Konkordanz. Aber vielleicht erinnert man sich plötzlich daran, dass Jesus seinen Jüngern einmal gesagt hat, man solle dem Kaiser geben, was dem Kaiser gehört. Und dass in Gott keine Art von Lüge ist und wir als seine Kinder ihm immer ähnlicher werden sollen. Diese Punkte könnten bei der Suche nach einer Antwort helfen – setzen aber voraus, dass man sich ein wenig in der Bibel auskennt.

 

3. Nehmen Sie einen guten Bibelkommentar zur Hand! Oder am besten gleich mehrere und schlagen Sie die verschiedensten Dinge nach. Auch Bibellexika können weiterhelfen.

 

4. Bilden Sie sich theologisch weiter! Falls Sie die Möglichkeit haben, nehmen Sie an einer Wochenend- oder Urlaubs-Bibelschule teil. Nutzen Sie die Angebote Ihrer Gemeinde, und wenn Sie Lust haben, besuchen Sie auch Veranstaltungen anderer christlicher Einrichtungen. Es tut ab und zu ganz gut, über den eigenen (Gemeinde-)Tellerrand hinauszuschauen.

 

5. Tauschen Sie sich mit anderen Christen zu den Themen aus, die Sie bewegen! Andere Sichtweisen können herausfordernd sein, sind aber auch absolut bereichernd.

 

6. Ganz wichtig: Bleiben Sie mit Gott im Gespräch! Bitten Sie ihn darum, Sie auf Dinge aufmerksam zu machen, die wichtig sind – und vertrauen Sie darauf, dass er es tun wird. Gott schenkt gern und eines seiner Lieblingsgeschenke ist Erkenntnis.

 

7. Wenn Sie keine eindeutige Antwort finden, dann lassen Sie das so stehen! Verdrehen Sie nichts, erfinden Sie nichts dazu, machen Sie keinen Freifahrtschein daraus, Ihr Ding durchzuziehen, und pfeffern Sie schon gar nicht die Bibel frustriert in die Ecke. Akzeptieren Sie, dass Sie im Augenblick keine konkrete Antwort finden.

 

8. Entscheiden Sie nach bestem Wissen und Gewissen, falls Sie etwas kurzfristig entscheiden müssen – auch wenn Sie nicht ganz sicher sind, was richtig ist! Mehr können Sie nicht tun. Sollte es die falsche Entscheidung gewesen sein, so können Sie auf einen Gott vertrauen, der neben Erkenntnis auch sehr gerne Vergebung schenkt.

 

5. Erinnern

„Wenn es aber unter euch welche gibt, die nicht wissen, was sie in einem bestimmten Fall tun müssen, sollen sie Gott um Weisheit bitten, und Gott wird sie ihnen geben. Denn er gibt sie allen gerne, ohne ihnen Vorwürfe zu machen.“ (Jakobus 1,5, GNB)

Nicole Sturm

ist Theologin und begleitet als psychotherapeutischer Coach (Heilpraktikerin für Psychotherapie) Menschen dabei, hinderliche Glaubenssätze aufzulösen. Mehr über sie und ihre (Online-)Coachingangeboten erfahren Sie hier: www.vorwärtsleben.de

 

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