„Neulich kam auf einem Elternabend im Kindergarten die Frage auf, wie wir unseren Kindern Werte vermitteln können. Als Mama von drei Kindern (10, 8 und 5 Jahre) hätte ich gerne etwas dazu beigetragen, aber grade in dieser Frage fehlen mir gute Tipps, obwohl ich selber mit christlichen Werten groß geworden bin und diese auch gerne weitergeben würde.“

 

 

Erfreulicherweise sind sich viele Eltern und Pädagogen darin einig, dass Werte wichtig für unser Leben sind. Allerdings sind Werte heute nicht mehr unbedingt allgemeingültiger Konsens, sondern sie sind eher individueller Natur nach dem Motto: „Lebe so, wie es deiner eigenen Vorstellung entspricht.“ Wenn Sie also Werte an die nächste Generation weitergeben wollen, dann besteht die erste Herausforderung darin, sich darüber Gedanken zu machen, was Ihnen eigentlich wichtig ist und nach welchen Werten Sie selber leben wollen. Formulieren Sie diese möglichst konkret und überprüfen Sie auch, welchen Einfluss diese Werte auf Ihr eigenes Verhalten haben oder haben sollten.

 

Nachdem Gott dem Volk Israel mit den Zehn Geboten seine Werte mitgeteilt hatte, gab er ihnen folgende Tipps mit auf den Weg, wie sie selber danach leben und diese Werte auch ihren Kindern vermitteln konnten: „Und die Worte, die ich dir heute verkünde, sollen in deinem Herzen sein. Präge sie deinen Kindern ein und rede davon, ob du in deinem Haus bist oder unterwegs, ob du dich hinlegst oder aufstehst“ (5. Mose 6,6+7).

 

1. Seien Sie ein Vorbild

Sie können und dürfen tatsächlich davon ausgehen, dass Ihr Lebensstil eine Botschaft für Ihre Kinder ist. Das macht Erziehung so leicht – aber auch so herausfordernd! Ihre Kinder bekommen im Alltag mit, ob und wie Sie Ihre Werte leben. Und vieles davon werden sie quasi ohne großes Dazutun übernehmen. Sie erleben Sie im Umgang mit Freunden und mit Fremden, sie erfahren an Ihrem Vorbild etwas über Pünktlichkeit oder Rücksichtnahme, wie Sie mit Medien umgehen oder mit der kranken Nachbarin. Natürlich geht es nicht darum, Ihren Kindern ein möglichst „Werte-volles“ Leben vorzuspielen. Kinder merken ganz schnell, wenn etwas nicht echt ist. Und sie bekommen ja auch Ihre Schwächen und Fehler mit. Sie hören, wenn Sie schlecht über andere reden oder wenn Sie am Telefon nicht ganz aufrichtig sind. Sie kriegen mit, wenn Sie mit Ihrem Mann streiten oder den Obdachlosen vor dem Aldi bewusst übersehen. Und oft genug sind Ihre Kinder sogar selber die Leidtragenden, wenn Sie mit Worten verletzen und Schaden anrichten.

Ihr Lebensstil ist eine Botschaft für Ihre Kinder. Das macht Erziehung so leicht – aber auch so herausfordernd!

Vorbild zu sein bedeutet deshalb auch, Fehler zu machen – und dann dazu zu stehen und entsprechend damit umzugehen. Wenn Ihre Kinder erleben, dass Sie über die eigenen Fehler und Schwächen reden können, dass Sie sie eingestehen und um Verzeihung bitten können – dann sind sie eher in der Lage, ihre eigenen Schwächen ebenfalls einzugestehen und ein neues Verhalten einzuüben.

 

2. Reden Sie über Ihre Werte

In der heutigen Zeit gibt es einen fast unbegrenzten Zugang zu allen möglichen Ideen, Ansichten und Erfahrungen. Deshalb ist es so ungeheuer wichtig, dass Eltern über das reden, was ihnen persönlich wichtig ist und wertvoll erscheint. Erzählen Sie aus Ihrem Leben – auch über das, was nicht gut gelaufen ist und was Sie daraus gelernt haben!

 

Das Reden über Werte kann man zu einem festen Ritual machen oder auch in den Tagesablauf einflechten, indem man auf die alltäglichen Erfahrungen Bezug nimmt. Wenn Sie mit Ihren Kindern einkaufen gehen, reden Sie darüber, wie dankbar Sie sind, dass Sie so gut versorgt sind. Wenn Sie mit ihnen spazieren gehen, reden Sie darüber, wie schön die Natur ist und dass wir deshalb alles dafür tun sollten, sie zu erhalten. Wenn Sie etwas mit Freunden unternehmen, reden Sie darüber, wie wertvoll gute Freundschaften sind. Wenn Sie sich bei ihnen entschuldigen müssen, reden Sie darüber, wie man mit Fehlern umgeht und was man tun kann, um Dinge wieder in Ordnung zu bringen. Seien Sie dabei offen für Rückfragen, Anfragen und Kritik. Sie dürfen auch mal zugeben, dass Sie manches selbst nicht so leben, wie Sie es eigentlich für richtig halten.

 

3. Trainieren Sie Werte ganz praktisch

Sie können die Werte, die Ihnen wichtig sind, mit Ihren Kindern einüben. Dazu einige Beispiele: Verantwortung zu übernehmen kann man lernen, indem jedes Familienmitglied seinem Alter entsprechend gewisse Aufgaben übernimmt. Das Tischgebet muss kein inhaltsleeres Ritual sein, sondern kann echte Dankbarkeit und Respekt Gott gegenüber ausdrücken. Dem sollte dann natürlich auch der Umgang mit Lebensmitteln entsprechen. Rücksichtnahme lernen Kinder, indem sie nicht immer alles sofort bekommen, sondern auch mal warten müssen. Einen guten Umgang mit Medien lernen sie, indem es möglichst konkrete Absprachen und klare Regeln gibt, an die sich Eltern dann aber auch selber halten sollten. Wenn Sie die Intimsphäre Ihrer Kinder respektieren und ihre Gefühle ernst nehmen, werden Selbstwahrnehmung und Selbstbewusstsein trainiert.

 

Werte praktisch einzuüben bedeutet aber auch, dass wir bestimmte Dinge in der Familie vermeiden bzw. nicht dulden, so zum Beispiel verletzende Worte, Lügen oder Gewalt in welcher Form auch immer. Wenn Kinder dann für unangemessenes Verhalten entsprechende Konsequenzen tragen müssen, schärft das ihr Gewissen.

 

Und schließlich: Spielen Sie doch einmal mit Ihren Kindern das „Was-wäre-wenn-Spiel“. Setzen Sie sich zusammen und überlegen Sie gemeinsam: „Was wäre, wenn in unserer Stadt niemand mehr lügen oder betrügen würde? Was wäre, wenn in unserer Schule niemand mehr schlecht über den anderen reden würde?“ Sie werden dabei gemeinsam feststellen, dass sich das Zusammenleben von Menschen drastisch verändern würde, wenn wir gemeinsam nach gewissen Werten leben würden.

Claudia Hörster

Jahrgang 1966, verheiratet, Mutter von sechs Kindern, ist Fachreferentin für Familie und Erziehung.

 

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