MINDO: Frau Maynard, was passiert eigentlich bei einer Panik-Attacke? 

 

INES MAYNARD: Panikattacken äußern sich in einer Welle plötzlich auftretender extremer Angst und Unwohlsein. Diese Welle taucht oft innerhalb von wenigen Sekunden auf und steigert sich dann in immer höhere Höhen. Laut DSM-5, dem diagnostischen Handbuch für psychische Störungen, treten während einer Panikattacke mindestens vier der folgenden Symptome auf: Zittern, Schwitzen, Herzrasen, Atemnot, Erstickungsgefühle, Übelkeit oder extreme Bauchschmerzen, ein Stechen in der Brust, Schwindelgefühle oder Ohnmacht, starke Hitze- oder Kältewellen, Teillähmungen oder die Unfähigkeit, sich zu bewegen, Verlust der Realitätswahrnehmung oder Selbstwahrnehmung, Todesangst oder das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren und „verrückt“ zu werden. Manche Panikattacken kommen scheinbar aus dem Nichts, andere haben klare Auslöser.

 

 

MINDO: Was kann man in einer akuten Attacke in Sachen Selbsthilfe tun?

 

MAYNARD: Eines der effektivsten Mittel ist, nicht gegen die Welle anzukämpfen. Das klingt erst unlogisch, aber wer gegen die Welle ankämpft, macht sie nur stärker. Stattdessen ist es besser, auf der Welle zu „surfen“, indem man zu sich selbst sagt: „Okay, mein Körper macht mal wieder sein Ding! Es ist wie es ist, ich lasse es einfach geschehen. Es ist gleich wieder vorbei.“

Ganz praktisch kann helfen, wenn man sich bewusst tief hinhockt – das beruhigt das Nervensystem.

Ganz praktisch kann helfen, wenn man sich bewusst tief hinhockt – das beruhigt das Nervensystem –, und wenn man sich ablenkt. Zum Beispiel kann man sich auf etwas in der Umgebung konzentrieren und leise aufzählen, was man sieht und hört: „Die Straße ist nass, da läuft eine Frau mit einem blauen Schirm, ich höre Autos, meine Schuhe sind rot.“ Am besten schon üben, wenn man sich entspannt fühlt. Viele, die leise aufzählen, was sie sehen, sind überrascht, dass die Welle dann schon nach einer Minute aufhört.

 

 

MINDO: Und wann sollte man ärztlichen und therapeutischen Rat einholen? 

 

MAYNARD: Panikattacken sind wirklich sehr unangenehm, und je öfter sie geschehen, desto mehr wächst die Angst. Darum sollte man sich idealerweise recht bald Hilfe suchen, damit sich aus vereinzelten Attacken keine langwierige Panikstörung entwickelt.

 

 

MINDO: Vielen Dank für Ihre Impulse.

 

Die Fragen stellte Sabine Müller.

Ines Maynard

ist Schulpsychologin und ehemalige Redakteurin der Frauenzeitschrift „Lydia“ sowie Co-Autorin des Buches „Werte für Kinder“. Sie lebt in Kentucky/USA, wo sie in ihrer Freizeit gern mit ihrem Mann David und ihren beiden Kindern Wandern geht.

 

Mehr unter: www.kycounseling.org

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