Da ist er wieder, dieser blöde Gefühlsmischmasch, den ich seit vielen Jahren als erwachsene Single-Frau nur zu gut kenne: Ich bin übriggeblieben. Nicht kompatibel mit anderen Lebensformen. Uninteressant für Ehepaare und Familien – außer als zuverlässige Babysitterin.

 

Es ist kurz vor Jahresende und die befreundete Familie entscheidet sich, Silvester lieber mit anderen Familien zu verbringen. Ich verstehe, wenn Familien besondere Feste und Urlaube lieber mit anderen Familien verbringen, wo es Spielgefährten für die Kinder und Gesprächspartner für den Mann gibt.

Aber mir tut das so weh! Weil es mir in die Magengrube schlägt, was mir vermeintlich fehlt. Kein Mann, keine Kinder – das heißt wohl automatisch (in der christlichen Gemeinde, wo Ehe und Familie ohnehin meist als das einzig erstrebenswerte Lebensmodell vermittelt wird), dass ich unter meinesgleichen zu bleiben habe: unter Singles! Die folgenreiche Tragik: Wenn ich dann mal von einem Paar oder einer Familie eingeladen werde, fühlt es sich automatisch nach so was wie „Gnadenhandlung“ an: „Wir nehmen uns freundlicherweise mal deiner an.“

Niemand – egal, in welcher Lebensphase, in welcher Lebenssituation und in welchem Familienstand – sollte jemals allein unterwegs sein!

Was ich dagegen tue? Ich gehe tapsig, aber bewusst, nacheinander und immer wieder diese Schritte:

Erster: Weinen. Ich werde mir meiner Gefühle bewusst und lasse sie raus.

Zweiter: Ich kommuniziere anderen, wie es mir geht. Dieser Familie, die lieber mit Familien feiert, sage ich, dass ich das irgendwie verstehen kann, aber es mir sehr wehtut.

Und dritter: Überall, wo ich bin, werbe ich dafür, es anders zu machen – denn wir alle brauchen einander. So hat sich unser Schöpfer-Gott das nämlich gedacht, als er uns Menschen für ein Leben in Gemeinschaft schuf (kleine Anmerkung: Der christliche Gott lebt ja schon in einer Dreier-Gemeinschaft: Vater, Sohn und Heiliger Geist): dass niemand – egal, in welcher Lebensphase, in welcher Lebenssituation und in welchem Familienstand – jemals allein unterwegs sein soll!

 

Übrigens: Einer Freundin, die zwar verheiratet ist, aber (noch) keine Kinder hat, geht es oft ähnlich. Sie fühlt sich in Familien ausgeschlossen und fehl am Platz. Auch sie geht die oben genannten Schritte. Einen nach dem anderen. Immer wieder.

Tina Tschage

hat Theologie studiert und das Handwerkszeug der Redakteurin erlernt. Sie lebt als glückliche Single-Frau in einer christlichen Gemeinschaft in München und arbeitet als freiberufliche Coach, Speakerin und Autorin.

www.tina-tschage.de

www.trau-frau.de

Das könnte Sie auch interessieren