„Wie es dir möglich ist: Aus dem Vollen schöpfend – gib davon Almosen! Wenn dir wenig möglich ist, fürchte dich nicht, aus dem Wenigen Almosen zu geben.“
Tobit 4,8 (Monatslosung Oktober)
Was für ein herausfordernder Monatsspruch! Diese Zeile aus den alttestamentlichen Spätschriften, den Apokryphen, entspricht ganz und gar der „DNA“ von Jesus, der die Menschen am Rand der Gesellschaft immer besonders im Blick hatte. Er lebte es vor – und er lehrte es: „Wahrlich, ich sage euch: Was ihr nicht getan habt einem von diesen Geringsten, das habt ihr mir auch nicht getan“ (Matthäus 25,45). Jesus stellt sich ganz deutlich zu den Armen und fordert seine Zuhörer auf, ihnen ebenso zu helfen – motiviert von Liebe.
Betrachtet man diesen Vers im Kontext unserer Gesellschaft, stelle ich fest, dass Geben heute bei vielen gar nicht „in“ ist. Jeder schaut, dass er selbst am besten wegkommt und mit seinen Mitteln das Größtmögliche für sich rausholt. Ganz nach dem Motto: „Hauptsache, mir geht es gut!“, überlässt man das Helfen lieber der Tafel vor Ort, während man vielleicht selbst die Nase rümpft, während man einen Obdachlosen passiert. Aber jede Gesellschaft und auch jede Gemeinschaft lebt davon, dass man das Gemeinwohl im Blick hat und man auch die Not des Nächsten vor Augen hat. Wie schön ist es doch, wenn man Armen auf direktem Weg oder auch einem Hilfswerk nach den persönlichen Möglichkeiten gibt! Nicht knauserig und geizig – sondern fröhlich und großzügig.
Ich glaube, dass die Einladung, in finanziell herausfordernden Zeiten zu geben, zutiefst heilsam ist.
Spannend finde ich aber vor allem den zweiten Teil des Verses: „Wenn dir wenig möglich ist, fürchte dich nicht, aus dem Wenigen Almosen zu geben.“ Vom gesunden Menschenverstand ausgehend, würde man einem Menschen, der gerade nicht so viel hat, sagen: „Ach, komm, du musst dieses Mal doch nichts geben! Kümmere dich lieber um deine eigenen Bedürfnisse. Um die Armen werden sich dann schon andere kümmern.“ So würde man es erwarten, aber der Vers sagt etwas ganz anderes. Auch wenn unser Konto gerade nicht prall gefüllt ist, dürfen wir trotzdem geben. Ohne Angst, und ohne Bedenken, zu kurz zu kommen.
Aber verlangt Gott hier ein bisschen zu viel? Ich denke nicht. Ich glaube sogar, dass die Einladung, in finanziell herausfordernden Zeiten zu geben und zu vertrauen, zutiefst heilsam ist. Während man gibt, verschließt man sich nicht vor der Not anderer. Das wiederum schützt einen davor, nur noch sich selber und seine Probleme zu sehen. Ängste zu schüren, wie alles nur werden wird. Während man gibt, stellt man sich mutig gegen negative Gedanken und vertraut, dass Gott sich kümmern wird. Man gibt das Mögliche aus dem Wenigen und segnet damit andere Menschen. Und Gott wiederum wird sich auch um uns kümmern. Bei ihm kommen wir nicht zu kurz. Fürchte dich also nicht, aus dem Wenigen Almosen zu geben. Gib vertrauensvoll – und lass dich von Gott beschenken!