Wie heißt’s?

„Der goldene Sprung in meiner Schüssel – Wie ich als Pastor mit meinen Zwangsstörungen und der Alkoholabhängigkeit lebe“

 

 

Wer hat’s geschrieben?

Volker Halfmann, Jahrgang 1966, verheiratet mit Claudia und Vater von drei Kindern, ist Pastor einer Freien evangelischen Gemeinde in Karlstadt und Suchtberater in der Psychosozialen Suchtberatungsstelle des Blauen Kreuzes. Er selbst bezeichnet sich als „Gotteskind, Chaot, Musiker, Fan von Progressive-Rock und der Fußball-Bundesliga“ sowie als „Jesus-Schüler mit Sprung in der Schüssel“ – in dieser Reihenfolge.

 

 

Wo ist es erschienen?

SCM R. Brockhaus (Witten), 272 Seiten, EUR 16,99 (Buch Klappenbroschur), EUR 13,99 (E-Book)

 

 

Worum geht’s?

„Gott ist scheiße!“: Schon als Kind leidet Volker Halfmann unter Zwangsgedanken und auch -handlungen, die er kaum stoppen kann. Dazu gesellen sich Ängste und Depressionen. Im Teenageralter wird Musik zu seinem Ventil – denn je lauter es um ihn herum wird, desto stiller wird es in seinem Kopf. Später greift er immer öfter zu Alkohol, um die quälenden Gedanken zum Schweigen zu bringen, rutscht ab in Medikamentenmissbrauch und Bulimie.

Aber es gibt auch eine andere Seite: Volker ist seit jungen Jahren Christ, er liebt Gott und will, obwohl introvertiert und menschenscheu, Pastor werden. Er studiert Theologie, heiratet, tritt seine erste Pastorenstelle an, wird Vater. Doch dann kommt es zum Absturz: Obwohl nach außen alles rund läuft, tobt in Volker ein kräftezehrender Kampf. Als seine Zwänge und Ängste überhand nehmen, weist er sich selbst in eine psychiatrische Klinik ein. Dort stellt er sich zum ersten Mal in seinem Leben schonungslos seiner Erkrankung und seiner Alkoholsucht – und seiner Wut auf Gott! Eine schier endlose Odyssee auf der Suche nach Heilung, nach sich selbst und seiner verloren geglaubten Liebe zu Gott nimmt ihren Anfang, Ausgang ungewiss …

 

 

Wie ich es finde.

Es heißt, es würde nirgendwo mehr gelogen als in Biografien, und am allermeisten in Autobiografien. Das mag auf manches so Buch dieses Genres zutreffen – auf das von Volker Halfmann nicht. Ungeschönt lässt er seine Leser*innen in die dunkelsten Abgründe seines Lebens blicken: seine zwanghafte Gedankenwelt, seine Sauftouren, seine Abstürze, seine nagenden Selbstzweifel und seinen angeschlagenen Glauben. Was Volker Halfmann beschreibt und die teilweise schonungslosen Worte, die er dafür findet (z. B. in seinem „Brief an Gott“, S. 60ff), trifft mitten ins Herz, hinterfragt so manche überfromme Sicht aufs Leben und kratzt an der heilen (Glaubens-)Welt, in die wir uns manchmal so gerne flüchten. Vor allem aber tut das Buch eines: Es gibt psychisch erkrankten Menschen, die in unserer Gesellschaft und auch vielerorts in der christlichen Gemeinde gern übersehen werden, ein Gesicht und eine Stimme. Und es schenkt Hoffnung: Hoffnung darauf, dass wir als Menschen mehr sind, als eine Krankheit, von der wir vielleicht nicht gesunden; mehr als unsere Leistung, und auch mehr als unser Glaube. Dass wir von Gott Geliebte und Gehaltene sind – zuerst und zuletzt. Und dass wir keinen Weg, und sei er noch so dunkel, alleine gehen.

 

 

Wer sollte es lesen?

Alle. Und damit meine ich wirklich: alle! Denn die Zeit, über psychische Erkrankungen, über Süchte und leidvolle Grenzerfahrungen ehrlich miteinander ins Gespräch zu kommen, ist überreif. In der Gesellschaft, vor allem aber in der christlichen Gemeinde als dem „Krankenhaus Gottes“. Wir haben nichts zu verlieren, aber viel zu gewinnen.

 

 

WEITER: → Lesen Sie hier auch das Interview mit Volker Halfmann: „Schämt euch nicht!“

 

 

SABINE MÜLLER ist Redaktionsleiterin von MINDO.

E-Mail: sabine.mueller@mindo-magazin.de

 

 

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