„Müßiggang ist aller Laster Anfang“ – dieses geflügelte Wort, das sich eigentlich gegen ein Übermaß an Untätigkeit wendet, kann man zuweilen auch anders interpretieren, denn: Auch Langeweile kann Menschen krank machen! Rund ein Drittel meiner Klienten, die glauben einen Burn-out zu haben, leiden in Wahrheit unter Langeweile und Sinnlosigkeit. Und sind damit keine Ausnahme: Erst kürzlich titelte die „Techniker Krankenkasse“ in einem Online-Beitrag: „Bore-out – Wenn Langeweile zur Belastung wird“.
Eine meiner Klientinnen meinte, dass an ihrem derzeitigen Arbeitsplatz nur 30 Prozent ihres Potenzials wirklich zum Einsatz kämen, die restlichen 70 Prozent dösten so vor sich hin. Auf die Frage, wie sie sich tagsüber bei der Arbeit fühlte, sagte sie, sie spüre eine innere Langeweile, die sich merkwürdigerweise stressig anfühle. Stressig auch deshalb, weil sie sich ständig frage, was sie noch tun könne, um sich besser zu fühlen. Und in ihrer großen Verzweiflung sucht sie sich dann Aufgaben, die eigentlich gar nicht ihre Aufgaben sind – nur damit sie etwas zu tun hat!
Ich kann mich noch genau an jenen Klienten erinnern, der regelrecht Panik hatte, ich würde ihm nun erklären, dass er weniger arbeiten müsse.
Ein Alltag voller langweiliger Stunden erschöpft einen genauso, als wenn man ständig überfordert würde. Und wenn man dann nach Hause kommt und eigentlich noch Zeit hätte, etwas Sinnvolles zu tun, kann man oft die private Zeit nicht dazu nutzen, das Leben interessanter zu gestalten, weil oft schlicht und ergreifend der Antrieb fehlt. Dazu wird nicht selten auch die eigene Daseinsberechtigung in Frage gestellt – etwas, was zusätzlich belastet und den Selbstwert in den noch tieferen Keller fährt (Meine zusätzliche persönliche These ist, dass das Bedürfnis nach Anerkennung so schlecht versorgt ist, und die Menschen sich dadurch so wertlos fühlen, dass ein Wechsel in eine neue Stelle als aussichtslos abgetan wird, weil „so jemanden wie mich ja eh niemand gebrauchen kann …“).
Wenn Langeweile stresst
Ich gebe zu: Obwohl ich Coach bin, war ich nicht immer engagiert, wenn es darum ging, nachzuforschen, was denn nun genau die Erschöpfung bei meinen Klienten verursachte. Ich fragte nicht, wann sie die Umstände und ihre Kraft als besser erlebt hatten oder wie sie ihre Schulzeit erlebt hatten. Stattdessen gab ich mich lange Zeit mit den „handelsüblichen“ Erklärungen zufrieden, die sich so etabliert haben: Zu wenig Schlaf, zu wenig Sport, zu viel Arbeit oder Beziehungsstress, oder, oder, oder…
Ich kann mich noch genau an jenen Klienten erinnern, der regelrecht Panik hatte, ich würde ihm nun erklären, dass er weniger arbeiten müsse. Es war genau diese Panik, die mich stutzig machte! Also fragte ich ihn, wie er denn gerne am liebsten seine Zeit verbringen würde, worauf er antwortete: „Mit spannenden, interessanten und herausfordernden Aufgaben!“ Und dann habe ich ihm noch eine Weile zugehört: Er erzählte mir, was ihn eigentlich an seinem Beruf fasziniert und warum er diesen Weg überhaupt gewählt hat – und dass er schon lange nicht mehr das tue, was er gerne mache und worin er wirklich gut sei. Stattdessen müsse er „langweilige Verwaltungsarbeiten“ tätigen – den ganzen Tag lang. Da war es, das Wort: Langweilig! Letztlich habe ich ihn an einen wirklich guten Business-Coach weitervermittelt, der ihn darin begleiten sollte, den „passenden“ Job zu finden. Meine Arbeit als Burnout-Coach war in dem Moment abgeschlossen, als ich ihm zeigte, wie er seine Batterien wieder aufladen kann, damit er die anstehenden Veränderungen auch gut übersteht.
Wofür schlägt Ihr Herz?
Was mache ich in der Beratung heute anders? Wenn Menschen zu mir kommen und erschöpft sind, dann gehe ich nicht grundsätzlich davon aus, dass sie überfordert sind. Zuviel machen sie in der Regel schon – aber das hat ganz unterschiedliche Gründe. Und denen muss man behutsam nachgehen, um des berühmten Pudels Kern zu treffen und Veränderungen in die hilfreiche Richtung anzustoßen. Denn oft heißt die Devise nicht weniger tun, sondern das richtige! Was das Richtige ist, erkläre ich gern am Beispiel eines Eichhörnchens, das, wenn es versucht, im Swimmingpool Spaß zu haben, niemals auf einen „grünen Zweig“ kommt. Es strampelt und strampelt, denn aktiv zu sein ist ja wirklich sein Ding. Allerdings passen weder das Umfeld noch die Art und Weise, wie es die Sache angeht, zu dem, was es eigentlich gut kann. Und so mache ich mich zusammen mit meinen Klienten auf die Suche nach dem, wofür ihr Herz schlägt, was sie gerne machen und gut können. Und nach einem Umfeld und einer Tätigkeit, in der sie ihre Werte leben, wachsen und sich entwickeln können.
Nicht selten sind Menschen, die von Langeweile und Sinnlosigkeit gestresst sind, ebenso erschöpft wie bei einem Burn-out.
Wie aber zeigen sich nun die Symptome von Langeweile, wie werden sie erlebt und wahrgenommen? Und was kann man tun, um aus dieser Falle herauszukommen?
1. Gefahr erkannt – Gefahr gebannt
Wenn sich im Job Langeweile breitmacht, liegt es fast immer an einer Kombination von Arbeitsinhalten und der Person, die betroffen ist. Ganz klassisch handelt es sich um das Nicht-Zusammenpassen von Anforderung und Gaben. Und genau das führt nicht – wie oft fälschlich angenommen – zur Überforderung, sondern zu Unterforderung, zu Langeweile und Desinteresse.
Hier einzuschätzen, wie man tickt und wie ein optimaler Arbeitsplatz beziehungsweise Arbeitsinhalt aussehen könnte, liefert erste Hinweise:
→ Bin ich ein „wacher“ Mensch, der gerne Neues lernt, liest und sich informiert, egal, zu welchem Thema?
→ Denke ich mir gerne Lösungen aus und bin kreativ darin, aus Problemen Optionen zu schaffen?
→ Wie war das in der Schule: Habe ich da auch schon Langeweile erlebt? Falls ja: Wie habe ich sie bewältigt?
→ Habe ich Begabungen, die andere eher nicht haben?
→ Wie schätze ich meine Arbeitsinhalte ein: Fordern sie mich regelmäßig heraus?
→ Lerne ich immer wieder etwas dazu?
→ Interessiert mich das, was ich da täglich mache?
→ Habe ich mir meinen Arbeitsalltag so vorgestellt?
→ Was würde ich mir von einem Arbeitsplatz bzw. von den Arbeitsinhalten wünschen?
Die Antworten, die ich mir darauf gebe, können Hinweise liefern, wie ausgeprägt die „Nichtpassung“ ist und was als nächstes zu tun ist. Vor allem hilft das Verstehen der Mechanismen dabei, sich nicht mehr so ausgeliefert und hilflos zu fühlen. Hoffnung keimt auf. Und was vielleicht am wichtigsten ist: Man hört auf, bei sich die Schuld zu suchen und erkennt an, dass man selbst nicht das Problem ist.
2. Konkrete Schritte gehen
Wie können nun die nächsten konkreten Schritte aussehen? Wenn möglich sollte man auf jeden Fall zuerst das Gespräch mit dem oder der Vorgesetzten suchen und erklären, wie es einem geht und was man braucht, um noch bessere Leistung bringen zu können. Und am besten hat man hier auch gleich ein paar Lösungsideen parat! Dazu kann man ja auch vorab einmal mit Kollegen klären, welche Varianten der Arbeitsaufteilungen möglich wären. Mehr Gehirne kommen in der Regel auch auf mehr Lösungen und sind bei komplexen Sachverhalten immer eine gute Hilfe.
Aber Veränderungen sind ja nicht nur in den Arbeitsinhalten möglich, sondern natürlich auch bei jedem selbst.
→ Wie können also Sie dafür sorgen, dass Ihr Arbeitsalltag interessant bleibt?
→ In welche Themen mögen Sie sich vertiefen und vielleicht sogar fortbilden?
→ Welche Arbeit können Sie gut delegieren und sich so Raum schaffen für Kniffliges?
→ Wo können Sie vielleicht auch lernen, mit sich geduldig zu sein, wenn stupide Arbeit Sie nervt?
→ Wie können Sie sich Anerkennung dafür aussprechen, dass Sie Dinge, die Sie langweilen, trotzdem gewissenhaft ausführen? etc.
All das nimmt schon sehr viel Druck raus und stresst gleich viel weniger.
3. Auftanken durch Dankbarkeit
Doch das ist noch lange nicht alles, was man Langeweile und Sinnentleerung entgegensetzen kann. Nicht selten sind Menschen, die von Langeweile und Sinnlosigkeit gestresst sind, ebenso erschöpft wie bei einem Burn-out. Deshalb ist es wichtig, für Stabilität zu sorgen und seinen Energietank wieder zu füllen. Einer meiner Lieblingsmethoden dazu ist die einfache Dankbarkeitsübung: Dabei zählt man jeden Abend drei Dinge auf, für die man dankbar ist – sich selbst, anderen und auch Gott. Das lenkt unsere Gedanken auf Gutes und hilft unserem Gehirn, sich zu entspannen. Tun Sie das, wenn nötig, ruhig auch mehrmals am Tag in Ihren Kurzpausen. Umgeben Sie sich mit lieben Menschen, tun Sie Dinge, die Ihnen Freude machen, kümmern Sie sich um einen gesunden Lebensstil! All das bringt die Kräfte zurück, die wir in solchen Veränderungsprozessen nur zu gut gebrauchen können. Und: Holen Sie sich einen Sparringspartner dazu, einen Menschen, der Sie immer wieder ermutigt und motiviert!
Vielen hilft zudem, wenn sie in ihrem Privatleben Sinnhaftigkeit und Herausforderungen installieren. Vielleicht gibt es die Möglichkeit, wieder ein Ehrenamt aufzunehmen? Oder Sie besuchen Museen, Ausstellungen oder schauen sich interessante Dokumentationen an und geben damit Ihrem Gehirn die Möglichkeit, sich auzustoben. Und so manch einer schwört gar auf Sudoku in Kurzpausen – eine simple Idee!
Und last, aber ganz und gar nicht least: Ich möchte Sie ermutigen, auch mit Gott, Ihrem himmlischen Vater, darüber zu reden. Und nicht nur zu reden, sondern auch mal ruhig dazusitzen und zu hören, ob er dazu etwas zu sagen hat. Im Jakobusbrief, Kapitel 1, Vers 6 steht, dass Gott uns gerne Weisheit gibt, wenn wir ihn darum bitten. Er kann Ihnen Mut machen, Hoffnung geben und vor allem auch Ideen schenken, an die Sie selbst vielleicht noch gar nicht gedacht haben. Es gibt immer so viel mehr an Lösungsmöglichkeiten, als in unserem kleinen Gehirn zusammenkommen. Ich wünsche allen, die die in Tristesse gefangen sind, dass sie schnellstmöglich wieder frei durchatmen können.
3 Kommentare
wow, vielen lieben Dank für diesen Artikel zu diesem total relevanten Thema!!! und vor allem die hilfreichen Fragen! :)
Auf diesen Kommentar antwortenDanke für das tolle Feedback & schön, dass dir der Beitrag gute Impulse gibt! :-)
Auf diesen Kommentar antwortenGanz lieben Dank für das schöne Feedback. Und nun alles Gute mit den Fragen :-)
Auf diesen Kommentar antworten