Wie häufig ist Burnout?

„Burnout“ ist nicht wirklich eine klinische Diagnose, sondern eher ein Sammelbegriff für verschiedene Überlastungserfahrungen, vor allem im Beruf, aber auch in Beziehungen. Darum lässt sich das Problem auch statistisch nicht klar eingrenzen. Auf jeden Fall kann man aber sagen, dass die Zahl der Betroffenen in Deutschland in die Millionen geht. Oft gehen aus der Überlastung auch andere psychische Leiden wie Depressionen, Angststörungen und Süchte hervor.

 

Wie kommt er zustande?

„Burnout“ heißt „ausbrennen“. Wenn ein Mensch kräftemäßig durch Überlastung ausbrennt, ist das oft ein schleichender Prozess. Meist wird der Stress übergroß, weil sich überhöhte Leistungsanforderungen mit persönlichen Enttäuschungen und anderen ungünstigen Bedingungen am Arbeitsplatz und im sozialen Umfeld mischen. Stark begünstigende Faktoren sind perfektionistische Ansprüche der Betroffenen an sich selbst, das Problem, nicht nein sagen zu können, überdurchschnittlicher Idealismus und Mobbing.

 

Wie äußert sich Burnout?

Der Burnoutprozess kommt in eine kritische Phase, wenn die Person sich so vorkommt, als befände sie sich „im Hamsterrad“. Sie wird mit den Anforderungen nicht mehr fertig und rotiert, um es doch noch irgendwie zu schaffen. Danach folgen organische Probleme wie massive Schlafstörungen und Depression. Es gibt aber auch den plötzlichen Burnout bei Personen, die es lieben, andauernde Höchstleistungen zu bringen, dabei aber nicht auf die Signale achten, die sie vor den Folgen der Grenzüberschreitungen warnen. Hier kann auf einmal ganz unerwartet der Organismus zusammenbrechen, aber Depression gehört nicht unbedingt zur Symptomatik.

 

Was kann man bei einer akuten Burnouterfahrung für sich selbst tun?

Das Hauptproblem bei Burnout ist übermäßiger Stress. Darum besteht auch die wichtigste Gegenmaßnahme darin, das Hamsterrad zu verlassen und Entspannung zu finden. Die betroffene Person muss wenigstens so viel Abstand zu ihrer Problematik gewinnen, dass sie sich ruhige und vernünftige Gedanken darüber machen kann. Wenn der Organismus bereits sehr erschöpft ist, mag zunächst ein längerer Urlaub helfen oder aber auch gleich eine Kur.

 
Wie können Angehörige und Freunde Betroffenen beistehen?

Wenn sich jemand im Burnoutprozess befindet, versucht er seine Kräfte dadurch zusammenzuhalten, dass er vieles ausblendet, was ihn noch zusätzlich beunruhigen könnte. Das ist gefährlich, weil es sich auch um wertvolle Warnsignale handeln kann. Freunde, Verwandte und Kollegen können das ersetzen, indem sie immer wieder ihren ernsten Sorgen klaren Ausdruck geben. Wichtig ist, dass sie sich nicht von der Hektik anstecken lassen. In der Ruhe liegt die Kraft!

 

Wann brauchen Betroffene professionelle Hilfe und worin kann sie bestehen?

In der Frühphase eines Burnoutprozesses ist es ratsam, sich von einer Fachperson coachen oder supervidieren zu lassen, vor allem auch dann, wenn berufliche Schwierigkeiten wesentlich dazu beitragen. Wenn bereits körperliche Symptome auftreten, die sich allmählich verschlimmern, muss unbedingt ein Arzt aufgesucht werden. Nun können auch medikamentös und psychotherapeutisch die psychischen Störungen behandelt werden, die aus dem Prozess hervorgegangen sind, insbesondere die Depression. Sehr hilfreich zu Regenerierung und Neuorientierung kann eine mehrwöchige Kur in einer auf Burnout spezialisierten Klinik sein. Es gilt, die Krise als Chance zu begreifen, um eine wichtige Weiche zu neuen Zielen und einem veränderten Lebensstil zu stellen.

 

 

Dr. Hans-Arved Willberg

ist Theologe und Philosoph sowie Sozial- und Verhaltenswissenschaftler. Er leitet das Institut für Seelsorgeausbildung (ISA) und ist selbstständig als Rational-Emotiver Verhaltenstherapeut (DIREKT e.V.), Pastoraltherapeut, Trainer, Coach und Dozent mit den Schwerpunkten Burnoutprävention und Paarberatung tätig. Er hat mehr als 30 Bücher und zahlreiche Zeitschriftenartikel veröffentlicht.

www.life-consult.org

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