„Du bist schon wieder so neugierig!“, kommentiert meine Familie augenzwinkernd, wenn ich sie mit Fragen und in den Raum gestellten Vermutungen bombardiere. Etwa zwei Wochen vor meinem Geburtstag fängt es an. Dann packt mich die Neugier (und die Vorfreude!) und ich starte einen Geschenke-Errate-Marathon. Ihr Kommentar ist liebevoll gemeint, denn sie wissen, wie viel Spaß mir dieses Rumgerate macht.
„Du bist aber neugierig!“ Dieser Satz kann auch ganz anders gemeint sein, beispielsweise im Sinne von „die Nase in fremde Angelegenheiten stecken“. Dann enthält dieser Satz kein liebevolles Augenzwinkern, sondern einen handfesten Tadel! Neugier wird in diesem Fall als negative Eigenschaft deklariert – und das habe man doch bitteschön zu unterlassen!
Auf Entdeckungsreise
Neugierde kann positive wie auch negative Seiten haben. Wenn im Folgenden von Neugier die Rede ist, geht es mir um die positiven Aspekte. Es geht um das, was viele „kindliche Neugier“ nennen: Es geht um die Freude am Entdecken, am Experimentieren und Herausfinden von Neuem, bislang Unbekanntem. Diese Art von Neugierde verlieren viele Menschen im Laufe der Jahre, manchen wird sie regelrecht abtrainiert. Erklärt man Kindern noch, dass es keine dummen Fragen gibt, sondern nur dumme Antworten, werden viele Erwachsene mit Sätzen wie „Stell keine so dummen Fragen!“ abgefertigt. Aber warum sollte eine Frage dumm sein, wenn ein Erwachsener sie stellt, aber nicht dumm, wenn sie aus dem Mund eines Kindes stammt? Viele Dinge nehmen wir Erwachsenen einfach als gegeben hin und hinterfragen sie nicht oder oft nur oberflächlich.
Wer mit einer guten Portion kindlicher Neugier durchs Leben geht, kann viel entdecken. Man sieht Dinge plötzlich mit anderen Augen.
„Wieso, weshalb, warum? Wer nicht fragt, bleibt dumm“, heißt es im Titelsong der Sesamstraße. Wann haben Sie das letzte Mal diese Fragen gestellt – einfach so, aus reiner Neugier? Oft denkt man sich, „Das ist halt so!“ oder auch „Das weiß ich nicht.“ Aber seit wann bedeutet die Tatsache, dass man etwas im Augenblick nicht weiß, dass man es nicht herausfinden kann – oder es zumindest versuchen sollte?
Wer mit einer guten Portion kindlicher Neugier durchs Leben geht, kann viel entdecken. Man sieht Dinge plötzlich mit anderen Augen. Und wenn man es dann auch noch schafft, sich die Fragen nach dem Wieso, Weshalb und Warum nicht zu verbieten bzw. verbieten zu lassen, tun sich völlig neue Welten auf.
Der Neugier Raum geben
Im Rahmen einer Weiterbildung in „Kreativer Achtsamkeit“ habe ich es zwei Wochen lang ausprobiert. Die Aufgabe war, mindestens einmal am Tag der Neugier Raum zu geben. Natürlich ging es nicht darum, die Nachbarn auszuspionieren, sondern vielmehr den eigenen Entdeckergeist neu zu entdecken. Da war dieser Baum, auf dem sich jeden Morgen viele Vögel tummelten – doch was für eine Baumart war das eigentlich? Ich fand es heraus. Ein Gegenstand aus Bronze faszinierte mich und ich musste mir eingestehen, dass ich leider keine Ahnung hatte, was Bronze eigentlich genau ist – also fand ich es heraus.
„Wie fühlt es sich an, wenn man …?“, „Ob es wohl Spaß macht, dieses oder jenes zu tun?“ und „Ob ich das, was Person X kann, wohl auch hinkriegen würde?“ Es gibt so viele Fragen. Warum sie sich verbieten, wenn man sich stattdessen auf eine Entdeckungsreise begeben und es herausfinden kann? Diese Art von Neugier macht das Leben so viel bunter, spannender, facettenreicher. Probieren Sie es gerne einmal aus! Warum nicht ganz spontan gleich heute?