Immer wieder habe ich mit Menschen zu tun, die ein perfektes Leben zu führen scheinen. Sie sind beruflich erfolgreich, haben tolle Freunde – und sind doch unglücklich. Wie passt das zusammen?

Haben Sie schon einmal ein Fahrrad mit unterschiedlich langen Speichen gesehen? Vermutlich nicht. Es wäre ja auch albern, denn wie, bitteschön, will man mit solch einem Rad vernünftig fahren? Man muss sich den Reifen nur einmal bildlich vorstellen: Ein paar Speichen lang, ein paar kurz – der Reifen kann gar nicht rundlaufen! Das ist uns bei einem Fahrradreifen vollkommen klar, im echten Leben jedoch oftmals nicht.

Was ich damit meine, ist Folgendes: Stellen Sie sich Ihr Leben einmal als einen Fahrradreifen vor. Ihr Leben besteht aus ganz unterschiedlichen Lebensbereichen. Sie sind die Speichen Ihres Rades. Wenn Sie mit einem Lebensbereich zufrieden sind, ist die Speiche lang, sind Sie es nicht, ist sie kurz.

Ich sagte eingangs, dass immer wieder Menschen zum Coaching zu mir kommen, die ein perfektes Leben zu führen scheinen. Sie haben Karriere gemacht, das Konto ist dementsprechend gut gefüllt. Auf ihren Freundeskreis können sie zählen. Übertragen auf den Fahrradreifen würde das bedeuten, dass ihre Berufs-, Finanz- und Freundschaftsspeichen lang sind. Nun kann es aber sein, dass sie die Arbeit oft mit nach Hause nehmen, sei es in Form von Akten oder auch „nur“ in Gedanken. Es fällt ihnen schwer, abzuschalten und zu entspannen. Für ausreichend Bewegung als Ausgleich zum vielen Sitzen im Büro fehlt ihnen die Energie. Ihr Körper macht sich bemerkbar. Die Arbeit wird zwar gut bezahlt, sie liegt ihnen, aber gleichzeitig sehen sie keinen echten Sinn darin. Die Familie hat kein Verständnis für die vielen Überstunden und auch in der Partnerschaft kriselt es, weil man sich kaum noch sieht. Und wenn, dann fehlt auch dort die Energie für tiefe Gespräche, gemeinsame Unternehmungen, echte Nähe. Diese Speichen wären dementsprechend sehr kurz. Die Folge ist ein Reifen, ein Leben, das nicht rundläuft. Nach außen wirkt es nahezu perfekt, aber das ist es nicht.

Es ist wichtig, diese Disbalancen wahrzunehmen: „Wo läuft es richtig gut, wo bin ich zufrieden und wo nicht?“ Denn nur, wenn ich mir ihrer bewusst bin, kann ich entscheiden, wie ich damit umgehen will. Sollte die Arbeit nur kurzfristig viel Zeit einnehmen, beispielsweise aufgrund eines größeren, jedoch zeitlich begrenzten Projekts, ist das normalerweise nicht weiter schlimm. Problematisch wird es aber, wenn solche Disbalancen zum Dauerzustand werden und keine Strategien zur Hand sind, um gegenzusteuern.

Zeichnen Sie doch einmal Ihren ganz persönlichen Reifen mit zwölf Speichen. Die Speichen stehen für folgende Lebensbereiche:

→ Familie

→ Partnerschaft

→ Freunde

→ Gesundheit

→ Fitness

→ Entspannung

→ Freizeit

→ Beruf

→ Finanzen

→ Sinn/Spiritualität

→ Engagement

→ Wenn Sie Christ/in sind: Gemeinschaft mit anderen Glaubenden

Wie lang sind die einzelnen Speichen zurzeit? Wo sind Sie zufrieden, wo besteht Handlungsbedarf? Handlungsbedarf bedeutet: Diesen Bereich möchte ich in nächster Zeit bewusster in den Blick nehmen, hier möchte ich dazulernen, ihm möchte ich mehr positive Aufmerksamkeit schenken.