Bei Digitalisierung denken die meisten von uns an große Computer, gigantische Datenströme, Wegrationalisieren von Arbeitsplätzen durch Roboter und schnelles Internet auch an der letzten Milchkanne. Woran wir eher nicht denken, ist die eigene Partnerschaft. Birgt die Digitalisierung neue Chancen für die Liebe? Susanne und Marcus Mockler sehen zumindest ein paar interessante Anwendungsgebiete.

 

 

Technik ist kühl, Liebe ist warm – deshalb scheinen die beiden Welten nicht recht zueinander zu passen. Wir werben in unserem Buch „Das Emma-Prinzip“ dafür, besondere Zeiten wie das gemeinsame Essen handyfrei zu halten. Amerikanische Freunde haben am Eingang zum Esszimmer ein „iBasket“, also ein „iKörbchen“ aufgestellt. Darin landen alle Smartphones, bevor es zu Tisch geht. Und uns ist es auch ein Graus, Paare im Café zu beobachten, wo beide auf den Bildschirm ihres Handys starren, anstatt einander anzusehen und miteinander zu reden.

 

Moderne Elektronik kann die zwischenmenschliche Kommunikation behindern, sie kann an anderen Stellen aber auch die Kommunikation erleichtern. Am häufigsten werden Paare sie nutzen, wenn sie getrennt sind. Die schnelle SMS oder WhatsApp-Botschaft stellt aus der Distanz ein wenig Nähe her – gerade dann, wenn einer von beiden gerade nicht reden (also telefonieren) kann. Wo könnten digitale Angebote Paaren darüber hinaus noch von Nutzen sein? Hier ein paar Beispiele:

Moderne Elektronik kann die zwischenmenschliche Kommunikation behindern, sie kann sie aber auch erleichtern.
Kalender

Wir führen beide unsere Kalender elektronisch und haben sie so eingestellt, dass der andere reinschauen kann. Genau genommen sehen wir immer parallel zu unseren eigenen Terminen auch die des Ehepartners. Dadurch ist es sehr leicht, für einen neuen gemeinsamen Termin einen geeigneten Tag zu finden. Zudem gibt uns die gemeinsame Darstellung die Chance, mehr Anteil an dem zu nehmen, womit sich der andere in nächster Zeit intensiver beschäftigen wird. Und natürlich lässt sich dort auch im Klartext oder als Code-Wort platzieren, wann man das nächste Mal Sex plant (falls man ihn plant) – das steigert die Vorfreude.

 

Finanzen

Geld ist in der Mehrheit der Ehen zumindest hin und wieder ein Streitthema. Wer Online-Banking betreibt, sollte seinem Partner die Möglichkeit geben, Einblick in den Kontostand und die Transaktionen zu bekommen. Wir wissen, dass das nicht bei allen Paaren der Fall ist. Aber wie soll man gemeinsam finanzielle Entscheidungen treffen, wenn nur einer richtig informiert ist? Der Blick auf rote Zahlen kann dagegen manchen Anschaffungswunsch dämpfen, bevor ein Paar darüber in Streit gerät. Wer’s detaillierter mag, sollte sich eine Finanz-App anschaffen, die etwa darstellt, wie viel Geld seit Monatsbeginn in Lebensmittel, Auto und Versicherungen geflossen ist.

Listen

Eine weitere Idee ist es, Dokumente in der Cloud anzulegen, auf die beide Zugriff haben. Dort lässt sich ein persönlicher Wunschzettel führen, der dem Partner Anregungen fürs nächste Geburtstagsgeschenk vermittelt. Oder eine Liste mit Zielen, die man im Urlaub mal bereisen möchte – am besten mit Fotos und Links, damit sich der oder die Liebste das im Detail anschauen kann. Oder bei geplanten größeren Anschaffungen – vom neuen Auto bis zum Flatscreen-TV – schon mal ein paar Informationen und Links, welche Angebote besonders geeignet erscheinen. Aber vielleicht auch nur die Liste für den wöchentlichen Großeinkauf, an der beide basteln können. Und natürlich Filme, die man sich zusammen anschauen möchte.

 

Apps

Es gibt inzwischen eine Fülle von Apps fürs Smartphone, die sich speziell an Paare und Familien richten. Sie helfen beim Organisieren des gemeinsamen Lebens (z. B. „Simply Us“), bieten Chaträume exklusiv für die Partnerschaft an (z.B. „Couple“) und helfen sogar, aus einem Streit wieder heil rauszukommen (z. B. „Fix a Fight“). Wir persönlich verzichten auf solche Apps – insbesondere wegen Bauchschmerzen in Sachen Datenschutz. Doch andere werden daraus vielleicht großen Nutzen ziehen. Das bessere Angebot findet sich wie so oft in englischer Sprache, eine gute Übersicht zu Paar-Apps findet sich zum Beispiel auf lifehacks.org, deutschsprachige Apps werden auf refinery29.com vorgestellt.

 

Wer mit unserer Auflistung nicht so viel anfangen kann, könnte auch den umgekehrten Weg wählen und sich fragen: „In welchen Bereichen haben wir als Paar die größten Probleme, bzw. in welchen Bereichen wünschen wir uns viel mehr Wachstum?“ Wenn man die Ursachen für die Schwierigkeiten erkennt, findet sich vielleicht auch ein technisches Helferlein, das bei der Verbesserung der Situation unterstützt. Unsere Meinung: Wir arbeiten nicht für die Digitalisierung – die Digitalisierung soll für uns und auch für unsere Liebe arbeiten.

 

Susanne & Marcus Mockler

sind seit über 30 Jahren verheiratet und Autoren des Ehe-Ratgebers „Das Emma-Prinzip“ (adeo Verlag). Sie halten Vorträge und Seminare zum Thema „Ehe und Familie“. Susanne ist systemische Paartherapeutin mit eigener Praxis und hat einen Bachelor-Abschluss in Psychologie. Marcus ist Journalist und Koautor verschiedener Bestseller (u. a. „Dem Leben Richtung geben“). Die beiden leben mit ihren Kindern auf der Schwäbischen Alb.

www.geliebtes-leben.de

www.susanne-mockler.de

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