Wir alle vergleichen und werden verglichen. Das fängt schon als Baby an, wenn Eltern mit einem Auge auf das eigene Kind, mit dem anderen auf die der anderen schauen und sich fragen, ob ihr Kleines mithalten kann. Wird es genauso schnell krabbeln können – oder vielleicht sogar noch vor allen anderen? In der Schule geht es in verschärfter Form weiter: Noten werden vergeben und viele Kinder müssen sich daheim die Frage gefallen lassen, wie denn „die anderen“ so abgeschnitten haben. Man will sich einordnen: Wo stehe ich im Vergleich zu den anderen? Entspreche ich der Norm, bin ich ein Überflieger, oder hinke ich meilenweit hinterher?

 

Es gibt Situationen, in denen Vergleiche mit der Norm hilfreich sein können. Beim Arzt beispielsweise: Wenn er seinen Patienten Blut abnimmt, kann er aus Abweichungen von der Norm oftmals wichtige Rückschlüsse auf die Ursachen von Krankheitssymptomen ziehen. Im ganz normalen Alltag jedoch sind Vergleiche vielfach wenig hilfreich. Vergleiche picken immer nur einen Teilaspekt raus und spiegeln nie das ganze Bild wider. Zudem schauen wir uns die Ergebnisse der Vergleiche meist nicht sachlich-neutral an, sondern belegen sie mit einer Wertung: Je nachdem, wie man dabei abschneidet, fühlt man sich ganz okay, wie ein Superheld oder der absolute Loser. Der Vergleich einer einzigen, klitzekleinen Facette unseres Lebens kann unsere Sicht auf unseren Wert als Ganzes verzerren – und das ist fatal!

 

Hilfreiche Vergleiche?

Die Frage, die wir alle uns einmal in aller Ruhe stellen sollten, ist folgende: Wo sind Vergleiche hilfreich? Wo sind sie es nicht, weil sie uns entweder runterziehen oder aber dafür sorgen, dass wir uns innerlich über andere erheben? Und ganz wichtig: Was würde geschehen, wenn wir eine Zeit lang auf alle nicht hilfreichen Vergleiche verzichten würden – uns selbst nicht vergleichen und auch nicht die Menschen um uns herum?

Was würde geschehen, wenn wir uns nicht vergleichen – und auch nicht die Menschen um uns herum?

Für Claudia würde es einen Unterschied machen. Claudia ist eine unglaublich tolle, energiegeladene Frau. Sie strahlt von innen, hat immer ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte anderer. Sie rockt nicht nur ihre Selbstständigkeit, sondern auch den Haushalt und sorgt jeden Tag für frisch gekochte, gesunde Mahlzeiten auf dem Tisch. Sie liebt es, sich beim Sport so richtig auszupowern, ist kreativ und wie schon gesagt ein unglaublich toller Mensch. Und: Sie ist zu klein für ihr Gewicht! Das reibt ihr ihre Ärztin regelmäßig unter die Nase. Der Blick auf die BMI-Tabelle beweist es. Da ist alles andere plötzlich egal, nur dieser eine Vergleich zählt. Blutwerte top? Kondition wie kaum jemand sonst in ihrem Freundeskreis? Alles nebensächlich! Denn die BMI-Tabelle stempelt sie als Loser ab. Beim Blick in den Spiegel wird sie die nächsten Tage wieder die „Schwabbel-Claudi“ sehen, dabei war sie vor dem BMI-Abgleich, dem Vergleich mit der Norm, noch so happy mit sich. Ein Vergleich, eine Wertung, und schon ist all das futsch!

 

Eine Woche ohne

Gehen Sie die nächsten Tage doch einmal aufmerksam durch den Tag und halten Sie die Augen nach Vergleichen offen:

 

→ Mit wem oder was vergleichen Sie sich besonders häufig?

 

→ Wie schneiden Sie dabei ab und was bewirken die Vergleiche?

 

 

Wenn Sie möchten, dann wagen Sie doch das Experiment und läuten eine „vergleichsfreie Woche“ ein – oder für den Anfang erst mal einen einzigen Tag. Ich bin sicher: Sie werden das Experiment ausdehnen wollen!

Nicole Sturm

Als Heilpraktikerin für Psychotherapie liegt der Schwerpunkt ihrer Arbeit auf dem psychotherapeutischen Coaching – sowohl on- als auch offline. Sie liebt es, Menschen auf dem Weg zu einem un-vergleichlich guten Leben zu begleiten. Mehr zu ihr und ihren Angeboten erfahren Sie hier: www.vorwärtsleben.de

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