Ein Glaube, der uns an Leib und Seele guttut – was gehört dazu? Für die Rubrik „Heilsam glauben“ stellen wir an dieser Stelle regelmäßig den unterschiedlichsten Menschen dieselben Fragen und bekommen im Gegenzug stets ganz unterschiedliche und spannende Antworten. Heute: Die Systemische Beraterin Elke Janßen.

 

 

MINDO: Frau Janßen, ein Glaube, der wohltuende und heilsame Impulse in unser Leben bringt – wie sieht der aus?

 

JANSSEN: Es gibt ein Bibelwort, das für mich all das zusammenfasst, was ich unter einem heilsamen Glauben verstehe. In Jeremia 29,11 steht: „Denn ich weiß wohl, was für Gedanken ich über euch hege, nämlich Gedanken des Heils und nicht des Leids, euch eine Zukunft und Hoffnung zu gewähren.“ Auf diesem Hintergrund heißt heilsam zu glauben für mich:

1. Ich bin Gottes geliebte Tochter, genauso wie ich bin – mit allen meinen Ecken und Kanten, Höhen und Tiefen, meiner Verzweiflung und meinem Mut.

2. Gott möchte mein Leben nicht eng und klein machen und er will auch nicht, dass ich mich aufgebe und verkümmere. Er hat immer Gedanken des Heils über mich – was nicht bedeutet, dass alles immer gut wäre und es keine Verletzungen gäbe; aber wir sind bei ihm sicher und geborgen, er versorgt uns und unser Leben hat Zukunft und Hoffnung.

3. Ich darf mich mit meinen Gottesbildern auseinandersetzen und diese in Frage stellen.

4. Gott ermutigt mich, alte Denkmuster zu korrigieren und Verhaltensweisen, die für mich schädlich und einengend sind, zu ändern.

5. Heilsamer Glaube setzt uns nicht unter frommen Erfolgsdruck, sondern wir dürfen sein.

 

 

Ist der Wunsch, dass Glaube vor allem auch uns zu Gute kommen muss, dem Zeitgeist geschuldet – oder ist das biblische Wahrheit?

 

JANSSEN: Unbedingt biblische Wahrheit! Gott hat uns ein Leben in Fülle verheißen. Er ist auf die Welt gekommen, damit wir nicht verlorengehen und nimmt unsere Angst und Sorgen auf sich. Das ist keine billige Jenseitsvertröstung. Der Glaube tut uns gut – was aber noch lange nicht heißt, dass immer und sofort alles auch gut und heil wird! Wir alle tragen Verletzungen in unserem Leben davon, die schmerzen, und haben manche Wunden, die bleiben. Aber es tut gut, dass Jesus sie sieht und behutsam versorgt. Nach der Auferstehung wurde er von den Jüngern an seinen Wunden erkannt. Das finde ich sehr tröstlich. Denn es zeigt mir, dass er auch uns in unseren Ängsten, Schmerzen und Verwundungen versteht.

Ganz davon abgesehen ist „Zeitgeist“ ein Begriff, mit dem ich nur wenig anfangen kann, weil er vor allem bei Christen oft einseitig negativ besetzt ist – so als wäre alles, was gerade „in“ ist und wonach Menschen fragen, per se nicht biblisch. Doch für mich spricht vieles rund um den Begriff von der Sehnsucht der Menschen, die Christen ernstnehmen und worauf sie Antwort geben sollten. Das heißt nicht, dass wir keinen klaren Standpunkt einnehmen. Aber ich finde, dass wir die Verpflichtung haben, auf Gottes frohe Botschaft hinzuweisen. Auf seine Liebe, die uns erlöst, die unser Leben reich und weit macht und darauf, dass wir eine Hoffnung haben, die weit über den Tod hinausgeht.

Der Glaube tut uns gut – was aber noch lange nicht heißt, dass immer und sofort alles auch gut und heil wird!

Welche ungesunden Glaubenssätze, die Menschen mit sich herumschleppen, sind denn Ihrer Beobachtung nach am weitesten verbreitet?

 

JANSSEN: Wenn ich von mir ausgehe, würde ich sagen, das autoritäre Gottesbild. Also der Gott, vor dem ich Angst haben muss, vor dem ich nicht bestehen kann, wenn ich keine Leistung bringe, bei dem ich ständig aufpassen muss, dass ich ja alles richtig mache, damit ich nicht verlorengehe. Ein Gott, der fordert, dass wir unser Ich ausradieren, damit wir von ihm geliebt werden. Unter dieser Vorstellung von Gott leiden meiner Beobachtung nach immer noch viele.

 

 

Nun werfen Kritiker der Religion und besonders dem christlichen Glauben gern vor, dass er nicht heilsam sei, sondern im Gegenteil: dass er Menschen unfrei mache und manchmal sogar krank. Was entgegnen Sie darauf?

 

JANSSEN: Da wir es auch rund um den Glauben immer mit Menschen zu tun haben, ist es möglich, dass er in pervertierter Form auftritt und vermittelt wird. Dass Machtmissbrauch stattfindet und dass das Halten von Geboten und Gesetzen über die Gnade gestellt wird. Solchen Erscheinungen müssen wir entschieden entgegentreten.

Darüber hinaus würde ich jedoch erst einmal nachfragen, was die betreffende Person überhaupt unter „unfrei“ und „krank“ versteht beziehungsweise welche Vorstellung sie von Freiheit und Gesundheit hat. Der christliche Glauben gibt uns einen Rahmen und damit auch Halt, in dem wir unser Leben entfalten und gestalten und erweitern dürfen.

 

 

Wenn nun jemand bemerkt, dass sein Glaube ihn in der Tat mehr verletzt, als dass er ihn heil macht – was raten Sie diesem Menschen?

 

JANSSEN: Ich würde ihn auf jeden Fall ermutigen, sich einen guten Berater, Seelsorger oder auch Therapeuten zu suchen und krankmachende Gottesbilder anzuschauen und aufzuarbeiten. Dass ich selber einen solchen Glauben erlebt habe, ist übrigens der Grund dafür gewesen, warum ich mit 50 noch eine Ausbildung im Bereich „Systemische Beratung“ gemacht habe. Heute ist es meine Leidenschaft und Vision als Beraterin, andere Menschen zu ermutigen und sie aus der Enge in die Weite zu begleiten, wo sie Gottes Liebe und Fürsorge erfahren. Und auch, wenn dadurch vielleicht nicht alles völlig heil wird, bin ich doch der tiefen Überzeugung, dass es sich immer lohnt, unserem Schmerz fürsorglich zu begegnen und unser Leben kraftvoll zu gestalten.

MINDO-MUTWOCHEN mit Elke Janßen

 

Am 1. November 2019 starten wir auf MINDO unter dem Motto „Mutwochen“ eine kostenfreie Challenge rund um das Thema „Heilsam glauben“ mit Elke Janßen.

 

Dazu gibt es an den kommenden fünf Freitagen (1.11., 8.11., 15.11., 22.11. und 29.11.) jeweils einen Coaching-Impuls von Elke Janßen sowie eine kurze Reflexionsaufgabe für die Woche, die Sie nach Lust, Zeit und Laune ganz persönlich für sich bedenken und bearbeiten können.

 

Bei Fragen zu den einzelnen Einheiten, wenden Sie sich einfach direkt an Elke Janßen: kontakt@elkejanssen.de

 

Was kann ich selbst dazu tun, dass mein Glaube wahrhaftiger und im wahrsten Sinne des Wortes „Heil bringend“ für mich und andere wird?

 

JANSSEN: Üben, üben, üben! Lebens- und Glaubenslügen entlarven, neue Denkmuster einüben. Das ist nicht einfach und braucht Zeit. Begleiter und Ermutiger suchen. Und: Den Glauben erweitern und neue Formen ausprobieren. Ich habe zum Beispiel für mich die christliche Körperarbeit entdeckt, zu der Meditation, Kontemplation und Tanzen gehört, und einmal im Jahr gönne ich mir eine Auszeit in einem Kloster. Das hat meinen Glauben erweitert und erinnert mich an die heilenden Gedanken, die Gott über mich hat. Mit all dem bin ich noch nicht fertig, aber ich bin auf dem Weg, es mit Gott einzuüben.

 

 

Und in welchem Bereich Ihres Lebens hat der Glaube Sie ganz persönlich heiler gemacht?

 

JANSSEN: Lange Zeit fühlte ich mich so, wie ich bin, falsch. Ich dachte, ich müsste mich ändern, anpassen oder mich gar selber aufgeben, damit Gott mich liebt. Meine Flügel verbergen, bis sie ganz verkümmerten. Aufgewachsen in einem engen christlich geprägten Umfeld, fühlte ich mich als Außenseiterin, die nicht reinpasste: Ich war zu rebellisch, zu neugierig, zu initiativ, zu hinterfragend, eine Frau, die auch mal gerne aus der Reihe tanzte. Dabei wollte ich so gerne Teil von Gottes Geschichte sein!  Also versuchte ich, den Regeln zu entsprechen. Innerlich rebellierte ich und zog mich zurück, nach außen unterdrückte ich meine Gedanken und Empfindungen. Mein Leben wurde in vielerlei Hinsicht sehr klein und eng. Darunter habe ich sehr gelitten und dagegen angekämpft. All das hat viel Kraft gekostet und war mit einer Menge Krisen verbunden.

Gott sei Dank traf ich dann auf Menschen, die mich ermutigt haben, die zu sein, die ich bin. Meine Flügel zu benutzen, endlich zu fliegen, Vertrauen zu wagen und das einzusetzen, wozu ich begabt bin. Diese Menschen und auch Gott vermittelten mir: „Elke, so wie du bist, bist du genau richtig! Gott freut sich darüber und er hat noch eine Menge mit dir vor.“ Heute tanzt mein Herz – vor Freude! Weil ich weiß, dass ich Gottes geliebte Tochter bin!

 

 

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Die Fragen stellte Sabine Müller.

 

 

Elke Janßen

ist Systemische Beraterin mit eigener Beratungspraxis in Bonn.

 

www.elkejanssen.de

 

 

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