„Neulich sprach mich die Erzieherin meines Jüngsten (4 Jahre) an, weil sie meinte, er habe zu wenig Selbstwertgefühl. Er ist halt eher ein schüchterner Typ, der sich nicht aufdrängt und gerne alleine spielt. Allerdings hat mich das nachdenklich gemacht, da ich auch zu Hause im Umgang mit seinem älteren Bruder merke, dass er sich schlecht durchsetzen kann und sich auch wenig zutraut. Wie kann ich sein Selbstbewusstsein stärken?“

 

 

Das Leben kann hart und herausfordernd sein – deshalb wünschen sich alle Eltern, dass ihre Kinder ein gesundes Selbstwertgefühl entwickeln. Dafür braucht ein Kind in erster Linie die Liebe und Annahme seiner Eltern. Auch wenn es selbstverständlich erscheint, dass Eltern ihre Kinder lieben, ist es oft gar nicht so einfach, diese in einer Art und Weise auszudrücken, die bei dem Kind auch ankommt.

 

Welche Sprache spricht Ihr Kind?

Testen Sie doch einfach mal die verschiedenen Möglichkeiten und schauen Sie, auf welche „Liebessprache“ Ihr Kind am ehesten reagiert.

 

1. Wertvolle Zeit

Wann immer es Ihnen im Alltag möglich ist, unterbrechen Sie Ihre Tätigkeit und wenden Sie sich bewusst Ihrem Kind zu. Suchen Sie Blickkontakt und schenken Sie Ihrem Kind Aufmerksamkeit. Warten Sie nicht, bis Ihr Kind solche Zeiten regelrecht einfordert, sondern suchen Sie stattdessen aktiv Wege und Möglichkeiten, um ihm heute Liebe und Geborgenheit zu schenken, indem Sie von ganzem Herzen und mit Ihren Gedanken bei ihm sind. Planen Sie darüber hinaus Zeiten ein, in denen Sie etwas gemeinsam tun, was Ihr Kind sich wünscht. Dafür könnten Sie eine Schatzkiste anlegen, in der das Kind Wünsche für wertvolle Zeiten aufschreiben oder malen kann und die dann jeweils gezogen werden.

 

2. Körperliche Nähe

Feste Rituale wie das morgendliche Kuscheln oder der abendliche Gute-Nacht-Kuss oder Umarmungen bei Abschied und Ankunft sind gut geeignet, um Ihrem Kind auf diese Art und Weise Ihre Liebe zu zeigen. Aber vor allem, wenn dies die wichtigste Liebessprache Ihres Kindes ist, sollten Sie es auch sonst öfter mal berühren: beim Fernsehen, beim Spielen oder Toben.

 

3. Geschenke

Überraschen Sie Ihr Kind hin und wieder mit einem kleinen Geschenk (das nicht unbedingt etwas kosten muss), um zu zeigen: „Ich habe an dich gedacht!“

 

4. Unterstützung

Helfen Sie Ihrem Kind ganz praktisch bei einer Aufgabe, die es sich (noch) nicht alleine zutraut. Natürlich sollten Kinder alles, was sie alleine schaffen, auch alleine tun dürfen. Aber wenn Ihr Kind diese Sprache spricht, braucht es Ihre Unterstützung, um Ihre Liebe spüren zu können.

 

5. Loben

Eine besondere Form der Zuwendung und Beachtung ist das Loben. Vielen Menschen kommt Kritik schneller über die Lippen als ein Lob – deshalb darf das Loben eingeübt werden.

 

Loben Sie Ihr Kind konkret!

Oft loben Eltern, indem sie bewerten. Sie benutzen Wörter wie „super“, „klasse“, „toll“ oder „prima“ – aber das alles sind Urteile, die angezweifelt oder auch abgestritten werden können. Wenn wir zum Beispiel sehen, dass unsere Kinder grade miteinander beschäftigt sind ohne zu streiten, fällt unser Lob oft so aus: „Toll, dass ihr endlich mal schön miteinander spielt!“ Und die Kinder denken vielleicht: „Gefällt es Mama/Papa sonst nicht, wenn wir spielen? Sie/Er hat wohl auch nicht mitbekommen, dass ich eben meinem Bruder das Auto weggenommen habe …“ Das Lob kommt also möglicherweise gar nicht richtig an.

Nehmen Sie Ihr Kind an, wie es ist, und vermeiden Sie Vergleiche mit anderen!

Besser wäre, die Situation beschreibend zu loben. Das bedeutet, ganz konkret zu sagen, was Sie beobachten: „Oh, ihr habt das Parkhaus aufgebaut! Und dann habt ihr die Autos in einer Reihe hintereinandergestellt.“ Anschließend können Sie ausdrücken, was Sie dabei fühlen: „Ich freu mich richtig, euch zuzusehen!“ Versuchen Sie, einzelne Schritte oder die Anstrengung an sich zu loben und nicht nur das fertige Produkt. Achten Sie darauf, beim Loben keine Seitenhiebe zu verteilen und formulieren Sie positiv. Sagen Sie: „Dein Turnbeutel hängt ja schon am Haken!“ statt: „Schön, dass dein Turnbeutel heute mal nicht im Weg liegt!“

 

Wichtig ist dabei natürlich immer die richtige Herzenshaltung. Wenn Lob nur ein Trick sein soll, um erwünschtes Verhalten aufzubauen oder zu fördern, werden Kinder das schnell merken und es nicht mehr ernstnehmen. Deshalb bleiben Sie ehrlich und echt! Aber versuchen Sie bewusst, Ihr Kind möglichst jeden Tag bei einer positiven Verhaltensweise zu „erwischen“!

 

Sagen Sie Ja zu Ihrem Kind!

Jedes Kind ist anders, und mit manchen Eigenschaften oder Charakterzügen tun sich Eltern schwer. Nehmen Sie Ihr Kind an, wie es ist, und vermeiden Sie Vergleiche mit den Geschwistern oder anderen Kindern oder auch dem Partner, der Tante, dem Opa. Ihr Kind soll wissen: „Ich bin so in Ordnung wie ich bin, ich bin geliebt und angenommen!“ Das ist die beste Grundlage für ein gutes Selbstbewusstsein.

 

Und schließlich: Wer nichts hat, der kann nichts geben. Deshalb sorgen Sie auch für sich selber und Ihren Liebestank. Planen Sie Zeit ein für etwas, das Ihnen guttut und Kraft gibt!

Claudia Hörster

Jahrgang 1966, verheiratet, Mutter von sechs Kindern, ist Fachreferentin für Familie und Erziehung.

 

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