Jeder, der die Zusammenarbeit von Menschen organisiert, kennt das Gefühl des Eingeklemmt-Seins zwischen dem „Druck von oben“ und der „Erwartung von unten“. Von oben werden schnelle Ergebnisse gefordert, von unten wird erwartet, den verschiedensten Ansprüchen des Teams gerecht zu werden: den Ansprüchen auf Information, Mitgestaltung und selbständiges Arbeiten; aber auch auf Verständnis, Kümmern, Fehlertoleranz. Wie soll man das alles schaffen?

 

In der Theorie klingt eigentlich alles ganz einfach: Teamarbeit ist das Gebot der Stunde. Und das Fördern von Eigenverantwortung. Schließlich sind wir alle Erwachsene. Das Versprechen: Macht man das als Führungskraft richtig gut, erledigt sich die Arbeit wie von allein und man kann sich endlich um die strategischen Dinge kümmern. Und um seinen eigenen Chef. So weit, so gut.

 

 

Erwachsene erwachsen behandeln

Im Alltag meiner Kunden klingt das dann meist aber eher nach Kindergarten: „Niemand tut, was er soll!“, „Ständig gibt es Spannungen im Team und für jeden soll ich eine Extrawurst braten!“ und „Wenn ich die Zeit hätte, würde ich die Arbeit lieber gleich selber erledigen!“ In 90 Prozent der Fälle ist es am Ende so: Die Führungskraft ahnte nicht mal, dass beide Verläufe quasi „sich selbst erfüllende Prophetien“ sind, und dass es tatsächlich so aus dem Wald herausschallt, wie die Führungskraft hineingerufen hat. Betrachten wir kurz beide Varianten:

Erwachsene wollen vor allem ernst genommen werden! In ihrem eigenen Leistungs- und Qualitätsvermögen, aber auch, wenn sie Fragen haben.

Erwachsene wollen vor allem ernst genommen werden! In ihrem eigenen Leistungs- und Qualitätsvermögen – aber auch, wenn sie Fragen haben, Schwierigkeiten oder Missverständnisse erkennen, die Führungskraft beim Klären von Prioritäten oder Beseitigen von Hürden brauchen, als Rückendeckung in kitzligen Situationen oder als konstruktiv-kritisches Gegenüber. Ja, und manchmal braucht jeder von uns auch mal Wertschätzung, Fürsorge oder ein offenes Ohr. Führung ist dann eine Art Vertrag unter Gleichen, die beim Erzielen von Ergebnissen im Rahmen der vereinbarten Arbeitszeit unterschiedliche Aufgaben erledigen und sich dabei gut absprechen. Wir alle kennen hunderte von Situationen in unserem Leben, in denen das gut geklappt hat.

 

 

Den Heldenmodus abschalten

Doch Führungskräften fällt diese leichtgängige Art des auf Augenhöhe Arbeitens erstaunlich oft schwer. Wenn’s eng wird, machen sie sich Druck, fürchten um ihren Ruf oder ihre Autorität und glauben, es sei ein Risiko, all das zu teilen. In einer Art „Heldenmodus“ beginnen sie fast unbemerkt, Erwachsene wie Unmündige zu behandeln: sie kommunizieren schlecht, schlampen bei Zieldefinition und Aufgabenverteilung, mischen sich in die Aufgaben anderer Leute ein, urteilen schnell und subjektiv – und verfallen schleichend in Schubladendenken und eine zu kritische Sicht auf andere Menschen.

 

Damit wären wir wieder am Ausgangspunkt der Geschichte. Dieses Verhalten überträgt sich natürlich auf die Mitarbeitenden: Sie übernehmen Teile dieses dysfunktionalen Verhaltens und fühlen sich ausgebremst oder ausgenutzt. Denn: So kann man nicht ergebnisorientiert auf Augenhöhe arbeiten!

 

Da lobe ich mir die Haltung eines Kunden, der mich vor einigen Jahren mit den Worten begrüßte: „Wissen Sie: Bei mir muss man sich Misstrauen hart erarbeiten!“ Gute Führung in acht Worten.

KRISTIAN FURCH

ist Partner bei der Führungsberatung „LeadershipPartners“, die Unternehmen bei der strukturellen und individuellen Umsetzung „guter Führung“ unterstützt. Er ist verheiratet, hat drei erwachsene Kinder und zwei Enkelkinder.

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