Ihr wahrer Kern macht sie geschmeidig glatt und darum so gefährlich: Verkürzte Überzeugungen im Blick auf Gott und Bibel, die schnell zu „Glaubenslügen“ werden. Bleiben sie unerkannt, beschädigen sie über kurz oder lang unser Denken, Fühlen, Glauben und Handeln. Die Theologin Nicole Sturm enttarnt sie und ermutigt zu einem neuen Denken. 

 

1. Erkennen

Wenn ein Mensch beginnt, sich für den christlichen Glauben zu interessieren, wird gern 2. Korinther 5,17 zitiert: „Wenn jemand zu Christus gehört, ist er eine neue Schöpfung. Das Alte ist vergangen; etwas ganz Neues hat begonnen.“ Und es stimmt: Altes vergeht, Neues entsteht, wenn wir unser Leben Jesus anvertrauen. Eine unglaublich tolle Verheißung!

 

Beim Lesen der Bibel stellen wir schnell fest, dass wir bei uns Einstellungen, Wesenszüge, Gedanken und Handlungen vorfinden, die nichts von Gottes Liebe und Heiligkeit spiegeln, und dass das in der Bibel als „Sünde“ bezeichnet wird. Wir erkennen, dass das etwas mit uns zu tun hat und dass Handlungsbedarf besteht, denn Sünde, die immer zerstörerisch wirkt, passt einfach nicht zu Gott. Zu unserem Glück bietet er uns in seinem Sohn Jesus Christus einen Neuanfang an.

 

Und genau hier rückt der oben zitierte Vers in den Fokus: Manche Christen behaupten nun, mit der Bekehrung zu Jesus Christus würden nicht nur all unsere Sünden vergeben, sondern sie gehen noch weiter: Sie behaupten, dass Sünde fortan an einem Christen, der ja nun eine „neue Schöpfung“ ist, abperlt wie Fett an einer Teflonpfanne. Doch wer den Vers so deutet, wird herbe Enttäuschungen erleben.

 

2. Entlarven

Es ist wahr: Mit unserem Ja zu Jesus Christus erkennen wir auch unsere Erlösungsbedürftigkeit an: Wir sind eben nicht nur Menschen mit „kleinen Ecken und Kanten“, sondern mit einem tiefsitzenden Sündenproblem – und für dieses brauchen wir eine grundsätzliche Lösung: Vergebung durch Gott. Und wenn wir uns unter dieses Urteil stellen und zur Vergebung in Jesus Christus ja sagen, macht das den Weg frei für ein Leben mit Gott. Es verändert tatsächlich alles: Die Sünde, die bisher trennend zwischen Gott und uns stand, ist fort. Gott schenkt uns einen Neuanfang. Das Ja zu Jesus ist der Startschuss in ein neues Leben mit Gott als unserem himmlischen Vater an unserer Seite.

 

Aber: Es ist keine Komplettveränderung auf Knopfdruck! Wer das verspricht, quasi eine Metamorphose, nach deren Abschluss Sünde keinen Reiz mehr ausstrahlt, dem man erliegen könnte, verspricht Verlockendes – aber Falsches. Und wer darauf setzt, wird erleben, wie die Realität eine ganz andere Geschichte erzählt: nämlich, dass Sünde eben doch noch in uns wirksam ist (siehe Römer 8,23ff).

Das Ja zu Jesus ist der Startschuss in ein neues Leben mit Gott als unserem himmlischen Vater an unserer Seite. Aber: Es ist keine Komplettveränderung auf Knopfdruck!

In der Folge dieser Fehlannahme kann es zu enormen Zweifeln kommen: „War das mit der Vergebung wirklich real?“ Oder auch: „Bin ich vielleicht einfach ein zu großer Sünder, dass das mit der Veränderung bei mir nicht hinhaut?“ Man ist unsicher und das muss natürlich an einem selbst liegen, denn Gott ist ja vollkommen. So oder ähnlich denkt mancher. An eine falsche Auslegung biblischer Aussagen als Fehlerquelle denken hier leider nur wenige.

 

3. Ersetzen

Diese „Teflon-Sündenresistenz-Theorie“ setzt so manchen Jesusnachfolger enorm unter Druck – etwas, das Gott nie gewollt hat. Er weiß, dass es unsere Veränderung ein Prozess ist: ein Schritt nach dem anderen. Dennoch erwartet mancher, dass einer „echten Bekehrung“ eine 180-Grad-Wende folgt. Die frischen Jesusnachfolger sollen ihr Leben von jetzt auf gleich komplett umkrempeln: den als unethisch eingestuften Job kündigen; den Freund auf die Straße setzen, mit dem man bis dato unverheiratet zusammengelebt hat; das Rauchen aufhören – und das alles ganz radikal und augenblicklich!

 

Selbstverständlich zieht das Ja zu Jesus auch veränderte Haltungen und Handlungen nach sich, die von unserer inneren Neuwerdung zeugen. Das aber ist ein Prozess, der ein Leben lang andauert: Oft fängt er mit den großen, offensichtlichen Dingen an, und setzt sich immer weiter fort. Gott hat mit der Prozesshaftigkeit dieser Veränderung kein Problem. Es sind vielmehr oft wir selbst mit unseren hohen Ansprüchen (oder auch Mitchristen), die ein Problem damit haben.

 

Das Ja zu Jesus und die daraus resultierende Vergebung unserer Sünden ist die Basis einer Beziehung zu Gott. Unser Status ändert sich unwiederbringlich, aber unser Ja macht uns nicht zu perfekten Menschen.

Was ist dann aber der Unterschied zu früher, zum Leben vor Gott? Zum Beispiel folgendes: Wenn uns nun bewusst wird, dass wir nicht so leben, wie Gott es sich wünscht, ist es uns nicht egal, sondern es schmerzt uns. Uns steht unsere Hilfs- und Veränderungsbedürftigkeit vor Augen. Aber – und das ist entscheidend! – wir wissen jetzt auch, an wen wir uns mit unserer Unfähigkeit, anders zu werden, wenden können, und dürfen immer wieder erfahren, dass Gott gerne vergibt, wenn wir mit aufrichtigem Herzen zu ihm kommen. Und: Wir werden ihn immer früher aufsuchen, weil wir immer sensibler für seinen Willen werden und uns deshalb Dinge auffallen, die wir früher übersehen hätten. Und auch wenn einiges bleibt wie es war – so wird doch auch alles anders!

 

4. Einüben

Manche falschen Annahmen sind uns so vertraut, dass wir sie komplett verinnerlicht haben und nicht mehr hinterfragen. Besonders jene, die einen wahren Kern beinhalten, an dem nicht zu rütteln ist. In diesem Fall: Dass das Ja zu Jesus zwar eine grundlegende Veränderung und Neuausrichtung mit sich bringt, wir aber dennoch weiterhin sündigen können, weil wir Menschen sind. Damit unser Glaube und auch unsere Psyche und Gefühlswelt heil bleiben, ist es wichtig, Lügen zu streichen und durch Wahrheiten wie diese zu ersetzen:

 

Ich bin von Gott geliebt – einfach so, ohne Vorleistung.

 

Gott hat mir meine Schuld vergeben.

 

Ich darf eine persönliche, lebendige Beziehung mit ihm führen.

 

Das Ja zu Jesus macht mich zu einem Kind Gottes.

 

Trotzdem verfüge ich über keine teflonartige Sündenresistenz.

 

Wenn Sünde mich zu Fall bringt, darf ich mit Gottes Hilfe erhobenen Hauptes wieder aufstehen.

 

Ich darf ein Lernender sein und bleiben – und Gott und seinen Willen Tag für Tag besser kennenlernen.

 

Ich muss auch als Christ nicht perfekt sein – Gott liebt mich trotzdem!

 

Ich darf Gott unbegrenzt oft um seine Weisheit, Kraft und Vergebung bitten – er gibt gern.

 

Ich darf darauf vertrauen, dass Gott das Gute, das er in mir angefangen hat, auch zu Ende bringen wird.

 

Gottes Geist, der in mir wohnt, ist derjenige, der genau das in mir schafft, was Gott gefällt (siehe Hebräer 13,21).

 

 

5. Erinnern

„Die Güte des HERRN ist’s, dass wir nicht gar aus sind, seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu, und deine Treue ist groß.“ (Klagelieder 3,22f)

Nicole Sturm

ist Theologin und begleitet als psychotherapeutischer Coach (Heilpraktikerin für Psychotherapie) Menschen dabei, hinderliche Glaubenssätze aufzulösen. Mehr über sie und ihre (Online-)Coachingangebote erfahren Sie hier: www.vorwärtsleben.de

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