„Denn selbst der ewige Menschensohn ist nicht in die Welt gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen und sich selbst als Lösegeld für die ganze Menschheit zu geben.“ – Markusevangelium 10,45

 

 

Es ist Ostern, Karfreitag genau genommen. Und damit der Tag, an dem Christen sich an die Kreuzigung von Jesus Christus erinnern. Doch so mancher fragt sich: Was gibt es im Blick auf die qualvolle Hinrichtung eines Menschen überhaupt zu feiern?

 

Vor allem in den letzten Jahren ist viel über die Frage diskutiert worden, ob wir den Tod von Jesus noch als „Sühneopfer“ verstehen können – und das in obigem Bibelvers erwähnte „Lösegeld“ ist auch kein leichterer Begriff. Er ist fremd, sperrig, fast anstößig – auch, weil er kirchengeschichtlich belastet ist. Es ist ein Begriff, der geradezu danach ruft, von wohlmeinenden Theologen dogmatisiert zu werden. Doch damit wird er auch allzu leicht seines Geheimnisses und mancher vielleicht absichtlich gewollten Unschärfe beraubt – mit katastrophalen Folgen für unser Gottesbild. Zeit also, ihn neu zu beleuchten und vom Staub der Geschichte zu befreien.

 

Gott steht uns nicht in Feindschaft gegenüber – sondern wir sind unversöhnt mit Gott!

Wenn wir über den Begriff „Lösegeld“ nachdenken, nähern wir uns also einem Schlüsselbegriff für das Verständnis vom Kreuz, von Karfreitag und der Botschaft von Ostern: Jesus gab sein Leben „als Lösegeld“ für die Menschen, heißt es. Stellt sich die Frage: An wen?

 

Wird der Teufel mit dem Tod Jesu ausgezahlt? 

Wohl kaum. Das gäbe ihm mehr Macht, als ihm nach Aussage der Bibel jemals zusteht. Der Teufel ist ein Geschöpf – und somit gar nicht auf Augenhöhe mit Gott! Ihn als Machthaber über Leben und Tod verstehen? Nein! Gott schachert am Kreuz nicht mit einem seiner Geschöpfe um die Seelen der Menschheit!

 

Zahlt Jesus mit seinem Tod ein Lösegeld an einen zornigen Gott?

Das ist eine gängige und uralte Erklärung, geprägt durch Anselm von Canterbury im Mittelalter – aber sie passt nicht. Der Lösegeldbegriff trägt den Gedanken an Sklaverei, Gebundenheit und die damit verbundene Befreiung daraus in seiner Bedeutung. Hält ein zorniger Gott die Menschen gefangen in Sünde und muss bezahlt werden? Wohl kaum.

 

Braucht Gott etwa ein Blutopfer, um in seinem Zorn zufriedengestellt zu werden? 

Sicher nicht! Denn die Motivation Gottes, in Gestalt seines Sohnes ans Kreuz zu gehen und die Menschen mit sich selbst zu versöhnen, war reine Liebe (2. Korinther 5,18+19).

 

Nein, Gott steht uns nicht in Feindschaft gegenüber – sondern der Mensch ist unversöhnt mit Gott! Es ist nicht ein zorniger Gott, der versöhnt werden muss, sondern eine Menschheit, die einem zur Versöhnung bereiten Gott feindlich gegenüber steht. Eine Menschheit, die wild um sich schlägt und dabei sich selbst und andere trifft – und Gott.

 

In Christus begegnen wir einem Gott, der selbst die Schläge entgegennimmt und sogar die Verurteilung des Schlägers selber trägt. So entsteht durch das Geschehen am Kreuz eine neue Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, und die nicht mehr auf Forderungen des alttestamentlichen Gesetzes und seiner Erfüllung basiert, sondern die durch Gott selbst geschaffen wird. Seit dem Kreuz herrscht das „Gesetz der Gnade“ (Römer 6,14).

 

Das Kreuz ist mehr als ein Ort des Grauens. Viele Menschen sind damals so gekreuzigt worden, das Leiden Jesu ist zumindest in dieser Beziehung nicht einmalig. Aber an seinem Kreuz geschah viel mehr. Sein Kreuz hebelte und hebelt die simple, aber immer noch gültige Gleichung aus, dass auf Leistung Belohnung erfolgt. Unverdient, ohne eigenes Zutun, wurden und werden wir befreit. Die Tiefe unserer Versklavung an die Sünde, die Tiefe der Trennung von Gott und die Wucht unserer Befreiung davon neu zu begreifen – das ist es, was unsere Liebe zu Jesus entzündet und uns befreit zu einer neuen und leidenschaftlichen Nachfolge. In diesem Sinne: Frohe Ostern!

 

Christof Lenzen

ist Pastor der FeG Gera und (Buch-)Autor (u. a. „Energie geladen“).

 

 

www.wegbegleiter.wordpress.com

 

 

 

 

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