Seit Jahren schreibe ich alle zwei Monate einen Artikel für unseren Gemeindebrief unter dem Stichwort „Nachgedacht“, in dem es darum geht, wie Gott in unserem Alltag zu uns sprechen kann. Das macht mir viel Freude, vor allem, wenn ich hin und wieder entdecken darf, dass Gott tatsächlich in meinem Alltag zu mir spricht …

 

Leerer Kopf, leeres Herz

Doch dann passiert es: Mir fällt nichts ein, was ich schreiben könnte. Völlige Leere im Kopf und im Herzen. Ich denke angestrengt nach. Ja, natürlich habe ich einiges erlebt in den letzten Wochen. Aber nichts zündet in mir so richtig. Also ziehe ich meine Turnschuhe an und laufe los. Mal abgesehen davon, dass ich sowieso gerne laufe, hilft mir das in der Regel, meine Gedanken zu sortieren und auch neue zu bekommen. Doch während ich laufe, fühle ich mich immer noch leer. Kein „Geistesblitz“ weit und breit. Und dann kommt mir (zufällig?) ein Wort in den Sinn: „Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“

 

Dieser Satz stammt aus dem zweiten Brief, den Paulus an die Gemeinde in der griechischen Stadt Korinth schrieb. Darin erzählt der Apostel wie er Gott dreimal gebeten hat, ihm seinen ganz persönlichen „Pfahl im Fleisch“, eine schmerzhafte Einschränkung, wegzunehmen. Und diese Worte waren Gottes Antwort gewesen (nachzulesen in 2. Korinther 12,9).

 

Wortwechsel mit dem Schöpfer

Ich bin ein bisschen verwirrt und fange an, innerlich mit Gott zu reden: „Ach, Herr, was soll denn das jetzt? Ich bin ja nicht krank oder so was. Mir fällt doch nur einfach nichts ein, was ich schreiben könnte. Warum kommt jetzt dieses Wort?“

 

„Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“

 

„Ich versteh’s einfach nicht. Was willst du mir sagen? Dass ich dir vertrauen soll und du schenkst mir dann demnächst noch ein paar kluge Gedanken? Du weißt aber schon, dass ich nicht allzu geduldig bin, oder? Und ich habe auch eine Terminvorgabe!“

 

„Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“

 

„Okay, kann es sein, dass du mich einfach darauf hinweisen willst, dass ich schwach bin? Das weiß ich doch, Herr, das kannst du mir glauben! Im Moment bin ich vor allem deshalb schwach, weil mir einfach nichts einfällt … Manchmal fehlt mir auch die Kraft, weil zu viel auf mich einstürmt. Oder weil Dinge passieren, die ich nicht verstehe. Und die ich einfach nicht ändern kann. Wenn ich ehrlich bin, Herr, habe ich oft den Eindruck, du legst mir absichtlich solche Steine in den Weg. Machst du das, damit ich an meine Grenzen komme? Damit ich lerne, aus deiner Kraft zu leben? Wäre es nicht besser, Herr, wenn du mir die Steine einfach aus dem Weg räumen würdest? Dann könnte ich dir doch viel besser und unbeschwerter dienen …“

 

„Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“

 

„Ich weiß ja, dass ich nicht aus eigener Kraft heraus leben und arbeiten soll. Aber so lange es gut geht … Tja, und wenn ich dann merke, wie schwach ich eigentlich bin und wie wenig ich mein Leben im Griff habe, dann erwarte ich von dir schnelle Lösungen. Und wenn die nicht kommen, werde ich ärgerlich – manchmal auch deprimiert.  Kann es sein, dass du gar nicht in erster Linie meinen Dienst willst? Dass es gar nicht der Einsatz ist, den du an mir schätzt? Kann es sein, dass du nur – mich willst?

 

 

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Du sagst, deine Gnade soll mir genügen. Deine Gnade ist ein unverdientes Geschenk: du hast mich geliebt, noch bevor ich überhaupt etwas von dir geahnt habe. Du hast mich geliebt, bevor ich dich geliebt habe. Und lange bevor ich dir dienen konnte … Ich soll mir an deiner Gnade genügen lassen. Jetzt dämmert es mir: Das ist ja noch nicht mal was Aktives! Ich soll vollkommen untätig etwas mit mir machen lassen? Mir sogar „genügen“ lassen? Ich soll ganz einfach mit deiner Gnade zufrieden sein – zu der ich so gar nichts beitragen kann? Ehrlich, Herr, das kommt mir komisch vor! Aber wenn du es so willst, werde ich das mal versuchen: Nichts denken, nichts leisten, nichts müssen – einfach nur deine Gnade spüren. Ausruhen in deinem Schoß. Von dir gehalten werden. O Herr, das tut ja richtig gut! Ich komme total zur Ruhe und werde … frei!“

 

Ich höre auf zu laufen. Den Rest des Weges gehe ich langsam nach Hause.

Claudia Hörster

ist Fachreferentin für Familie und Erziehung.