Singles geht es an den großen Festen wie Weihnachten so wie allen anderen auch: Diese Feiertage gehören in der Regel der Familie. Nur dass Singles nicht selten auch als Erwachsene mit Mama und Papa vereint unterm Baum hocken – wie schon immer eben. Mangels eigener Familiengründung ist dies ein Schicksal, das ich jahrelang mit vielen anderen Singles geteilt habe: Weihnachten war ich traditionell bei meinen Eltern. Das war auch schön – doch mit Anfang 30 merkt man auf diese Weise besonders, dass man etwas verpasst zu haben scheint…

Ich will gar nichts dagegen sagen, Weihnachten bei den eigenen Eltern zu verbringen. Viele – ich auch! – tun das sehr gerne immer wieder. Aber tun wir es auch bewusst? Oder nur, weil es eben schon immer so war und mangels Partnerin oder Partner die Legitimation fehlt, etwas anderes zu machen?

Die große Chance

Ich habe vor einigen Jahren meine große Chance genutzt: Meine Eltern sind aus dem Haus, in dem ich aufgewachsen bin, in eine andere Stadt und in eine Wohnung gezogen. Außerdem hat mein Bruder geheiratet. Plötzlich war alles anders: Unser „So-war-es-schon-Immer“ – Familie Tschage versammelt sich im Haus der Eltern – war durchbrochen! Irgendwann im Herbst rief ich bei meinen Eltern an und sprach die alles verändernden Worte: „Es könnte sein, dass ich dieses Jahr Weihnachten nicht nach Hause komme …“

Dieses Telefonat fiel mir unglaublich schwer – die Reaktion meiner Eltern war hingegen total leicht. Für sie war es völlig in Ordnung, dass ich Weihnachten mit Freunden zu Hause in München feiern würde. Und so habe ich es auch gemacht: Gemeinsam mit meinen besten Freunden und meinem ersten Patenkind (die Kleine war damals gerade geboren) haben wir den Heiligabend gefeiert. Dazu kamen ein paar Leute aus der Nachbarschaft, sodass es eine herrlich große Tafel wurde. Wir haben gegessen, gebetet, gelacht. Ein wundervoller Abend.

Ein paar Tage später sind übrigens meine Eltern zu mir gekommen – zum ersten Mal anlässlich eines solchen Feiertages. Das war sehr besonders! Entsprechend hatte ich alles festlich dekoriert und fürstlich aufgetischt – da waren Mama und Papa ganz schön baff!

Ich bin an diesem Weihnachtsfest vor einigen Jahren ein ganzes Stück erwachsener, reifer, und im besten Sinn auch unabhängiger geworden. Zu merken, dass ich mein eigenes Leben lebe, auch ohne Partner und Kinder sehr glücklich bin und sogar so ein Fest in eigener Regie feiern kann – das war fantastisch! Ich erlebe immer wieder: So richtig frei werde ich erst, wenn ich meine Bindungen zu schätzen weiß. Mein Umgang mit den Weihnachtsfeiertagen hat mich als Singlefrau Mitte 30 sehr viel freier gemacht.

Seit diesem einen Jahr überlegt die wachsende Familie Tschage immer im Herbst, wie, wo, bei wem, mit wem und wie lange Weihnachten gefeiert wird. In diesem Jahr sind wir alle die kompletten Festtage bei meinem Bruder und seiner Frau. Im kommenden Jahr möchte ich dann mal wieder zuhause in München sein, gemeinsam mit meinen Leuten hier einen Weihnachtsbaum aufstellen, die Festtafel schmücken und Menschen einladen, die sonst vielleicht allein zuhause sitzen würden. Und meine Freunde! Denn dieses Fest mit den Menschen zu feiern, mit denen ich auch sonst im Jahr meine Zeit verbringe, ist etwas Besonderes.

Und du so?

Wie feierst du Weihnachten? Wie schon immer bei Mama und Papa? Oder allein? Auf einer Freizeit? Mit Freunden? Im Dienst in einer karitativen Einrichtung?

Überlege mal, ob dir deine Version wirklich gut schmeckt – oder ob du in einem „Das-war-schon-immer-So“ feststeckst und eigentlich gerne mal was anderes ausprobieren möchtest. Wie könnte dein Weihnachten aussehen? Wen könntest du dafür ins Boot holen? Ich sage nur so viel: Als Single zuhause einen Weihnachtsbaum aufzustellen, beschenkt dich mit dem unfassbar guten Gefühl, dass auch wir vollständige Individuen mit einem Recht auf einen eigenen Weihnachtsbaum sind. In diesem Sinne: Frohe Weihnachten!