Wie heißt’s?

SEI KEIN MANN

Warum Männlichkeit ein Albtraum für Jungs ist

 

Wer hat’s geschrieben?

JJ Bola ist im Kongo geboren und im Alter von sechs Jahren über diplomatische Verbindungen seiner Familie nach London geflüchtet. Dort wuchs der Autor und Aktivist in einem Brennpunktviertel auf. Als Sozialarbeiter arbeitete er einige Jahre mit Jugendlichen die von psychischen Problemen betroffen sind. Seine Themen sind Rassismus, Migrationserfahrungen und Männlichkeit.

 

Worum geht’s?

JJ Bola spricht eine versöhnliche Einladung zum Gespräch über Männlichkeit aus. Mit Bezug auf eigene biografische Erfahrungen, schildert er das System des Patriarchats. Es ist eine Ideologie, die Männer vergiftet und ihre psychische Gesundheit gefährdet.

 

„Sei ein Mann!“, „Jungs weinen nicht!“, „Mann oder Memme?“ – es gibt sicher kaum einen Jungen oder Mann, dem diese Sätze nicht vertraut sind. Jungs wachsen heran und lernen, dass Verletzlichkeit und Gefühle als Schwäche gelten; dass Männer potenziell gefährlich und sexuell triebgesteuert sind – und dass sich verdächtig macht, wer sich nett verhält. Auf diese Weise daran gehindert, ein positives Selbstbild aufzubauen, entwickeln sie nicht selten eine „toxische Männlichkeit“.

 

Der englische Buchtitel „Mask off“ („Maske runter“) bringt es auf den Punkt: Bereits den Jüngsten wird beigebracht, eine Maske zu tragen und ihre wahren Gefühle und Probleme zu verbergen. Doch der Druck, ein „echter Mann“ sein zu müssen, ist zerstörerisch. Nicht nur ihre Beziehungen leiden, sondern auch sie selbst. Die Statistiken zur psychischen Männergesundheit sprechen eine deutliche Sprache: Ob Suizid, Obdachlosigkeit, Süchte oder Gefängnisaufenthalte – überall liegen Männer weit vorne. Viele denken, sie müssten mit allen Sorgen, Schmerzen und Gefühlen alleine klarkommen, haben nie gelernt, sich angemessen auszudrücken. Gerade diesbezüglich macht JJ Bola Mut zur Veränderung und unterstützt Jungs und Männer mit praktischen Tipps, sich selbst zu reflektieren und eine Vision von einem besseren Leben zu einzuüben. Denn es gibt nicht nur die eine Männlichkeit, sondern viele Männlichkeiten.

 

Wie ich es finde.

Schlicht, ehrlich und befreiend. Auf knapp 160 Seiten gelingt es dem Autor, ausreichend Denk- und Gesprächsanstöße zu geben. Der Aufruf, dass Männer und Frauen gemeinsam ungesunde Strukturen einreißen und toxischer Männlichkeit widerstehen müssen, ist nicht erst seit der MeToo-Debatte hochaktuell. Die Männlichkeit befindet sich weltweit in einer Krise und die populistischen und fundamentalistischen Bewegungen der Gegenwart verfallen der Versuchung, mit Verfestigung klassischer Rollenbilder zu reagieren.

 

Dabei helfen die emanzipatorischen Errungenschaften und die Gleichberechtigung auch Männern, von potenziellen Aggressoren zu echten Mit-Menschen zu werden und eine ausgeglichene Welt mit fairen Entwicklungschancen für alle zu schaffen.

 

Wer sollte es lesen?

Sowohl Männer als auch Frauen, heranwachsende Mädchen und Jungs. Vor allem Letztere, wenn sie verstehen wollen, wie das Patriarchat und ein toxisches Bild von Männlichkeit, ihr Leben und ihre psychische Gesundheit beeinflussen. Ich empfehle das Buch Vätern und ihren jugendlichen Söhnen, die miteinander im Gespräch sind und Alternativen zu jener falschen Männlichkeit suchen, in der sie wilde Kämpfer und Krieger sein müssen.

 

Wo ist es erschienen?

hanserblau im Carl Hanser Verlag (München), 160 Seiten, Buch (Pb.): EUR 11,–, E-Book: EUR 7,99

 

 

MATTHIAS GIBHARDT

ist Erzieher, Theologe und Diakon. Er ist verheiratet, Vater von vier Jungen und lebt mit seiner Familie im Westerwald.

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