Wie heißt’s?
MITTEN IM STURM
Leben, glauben, lieben in guten und in anderen Zeiten
Wer hat’s geschrieben?
Melanie (Jg. 1979) und Markus Giger (Jg. 1977). Die beiden sind seit 2003 verheiratet und wohnen gemeinsam mit ihren beiden Kindern im Thurgau/Schweiz. 2012 stirbt ihr drittes Kind unerwartet gerade mal 30 Stunden nach der Geburt. Dieses Erlebnis ist traumatisch, ihr Weg zurück ins Leben lang und beschwerlich. Aber sie sind ihn gegangen: gemeinsam, jeder auf seine ganz eigene Weise und mit Gott an ihrer Seite.
Worum geht’s?
„Es gibt Tage, die prägen ein Leben mehr als alle anderen. Ein solcher geht heute zu Ende.“ Diese Sätze schrieb Markus Giger am Abend nach dem Tod seines Sohnes Micha auf Facebook. Niemand hatte damit gerechnet, dass etwas nicht stimmen könnte. Und plötzlich geschieht das Unvorstellbare: Gigers müssen das Krankenhaus ohne ihr Kind verlassen. Statt ungetrübtem Familienglück zu fünft gilt es nun, eine Beerdigung zu organisieren und zu versuchen zu begreifen, was passiert ist.
In ihrem Buch erzählen sie von ihren Erfahrungen in dieser besonderen Zeit – den positiven wie auch den weniger positiven. Als eine große Herausforderung stellt sich dabei heraus, dass die beiden den Verlust ihres Sohnes sehr unterschiedlich betrauern und verarbeiten. Sie schreiben darüber, wie es möglich ist, auch angesichts eines solch großen Verlustes noch an einen gütigen Gott zu glauben. Gigers geben Impulse, wie man es schaffen kann, solche Lebensstürme zu überleben – und als Paar zusammenzubleiben. Letzteres ist nicht die Regel, denn viele Beziehungen zerbrechen über solch einem Verlust.
Wie ich es finde.
Bewegend und hoffnungsspendend. Ein gelungener Mix aus emotionaler Nähe und reflektierter Distanz. Viele Bücher, in denen Menschen über persönliche Schicksalsschläge schreiben, gleichen einer Art „veröffentlichten Schreibtherapie“: Man merkt ihnen an, dass der Verlust noch frisch oder zumindest nicht vollständig verarbeitet ist. So sind die Berichte zwar interessant, es fehlt jedoch an der Reflektion des Erlebten. Oder aber die Autoren schreiben sehr reflektiert, gleichzeitig aber auch distanziert und wenig nahbar. Melanie und Markus Giger hingegen ist es gelungen, einen Mix zu finden, der ihren Lesern Anteil gibt an ihren Erfahrungen und dem oft schmerzhaften Trauerprozess, gleichzeitig aber auch reflektiert zurückzuschauen und aus dem Erlebten Schlüsse zu ziehen. Sie lassen ihre Leser an ihrem Weg teilhaben, was ich als ein Geschenk empfinde.
Besonders hat mich berührt, dass sie so ehrlich darüber berichtet haben, wie es war, „parallel anders“ zu trauern. Denn dass jeder Mensch anders tickt und somit auch unterschiedlich trauert, ist den meisten wohl in der Theorie klar. Erlebt man es dann aber hautnah, beispielsweise wie Gigers im Rahmen einer Ehe, ist es etwas ganz anderes. Die Versuchung ist groß, dem anderen seine Trauer abzuerkennen oder ihm vorzuschreiben, wie man „richtig“ trauert. Aber es gibt kein Richtig und Falsch. Das haben Gigers – zum Glück! – verstanden und gelebt.
Wer sollte es lesen?
Möglichst viele Menschen – sei es als Ermutigung, weil man sich selbst gerade mit einer extremen Lebensherausforderung konfrontiert sieht, oder um Menschen in solchen Situationen besser verstehen zu können. Es ist ein Buch, das Trost spendet, Mut macht und jede Menge Impulse liefert, sowohl in Bezug auf ganz praktische Fragen als auch mit Blick auf das Thema „Glauben in Krisenzeiten“.
Wo ist es erschienen?
Mosaicstones Verlag (Thun), 144 Seiten, Softcover, EUR 17,90, CHF 19.80
NICOLE STURM
hat Theologie studiert und arbeitet als Autorin sowie als psychotherapeutischer Coach (Heilpraktikerin für Psychotherapie) in ihrer Praxis VORWÄRTSLEBEN in Norddeutschland.