Wie heißt’s?
DAMIT SICH DER NEBEL LICHTET
Toxische Beziehungsmuster hinter frommen Fassaden erkennen und heil werden
Wer hat’s geschrieben?
Saraj Stutz (Jg. 1983), eine erfahrene christlich-psychologische Beraterin mit dem Schwerpunk posttraumatischer Belastungsstörungen. Die Schweizerin ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann und Sohn im Raum Thun.
Worum geht’s?
Saraj Stutz legt die Dynamiken in toxischen Beziehungen offen und bringt insbesondere Licht in den oft diffusen narzisstischen Missbrauch und dessen manipulative Spielarten. Anhand von vier Lebensgeschichten – Personen, die sie in ihrer Praxis begleitet hat – macht die Autorin unterschiedliche Muster der Verstrickung toxischer Beziehungen deutlich, schwerpunktmäßig in der Herkunftsfamilie und in einem Fall in der Partnerschaft. Durch das Buch zeichnet sie nach, wie diese vier Menschen Heilung und ihren Ausstieg gefunden haben. Das gelang u. a. durch schmerzhafte Phasen der Bewusstwerdung, wodurch sich allmählich die Verwirrung auflöste, sich und seiner Wahrnehmung selbst nicht mehr zu trauen, etwas, das meist mit narzisstischem Missbrauch einhergeht.
Angelehnt an die biblische Geschichte des Exodus legt Saraj Stutz im ersten Teil („Das Alte Ägypten“) viele Dynamiken und Taktiken in einem System mit einem Manipulator offen, benennt Phasen toxischer Beziehungszyklen und beleuchtet die unterschiedlichen Rollen in einem narzisstischen System. Im zweiten Teil („Exodus“) gibt sie einen Ausblick auf das „Gelobte Land“, also das, was außerhalb des bekannten Unterdrückersystems möglich ist – ein Leben in gesunden Beziehungen, wertschätzend und verantwortungsvoll mit sich selbst, den eigenen Emotionen und anderen –, und nimmt Betroffene an die Hand, konkrete Schritte heraus aus den Verstrickungen zu gehen.
Wie ich es finde.
Mich hat das Buch einerseits bedrückt, aber mir auch vieles deutlich gemacht, was ich in meinem Umfeld bislang nur unscharf umreißen oder nachvollziehen konnte. Ich selbst bin wohl keine Betroffene, trotzdem hat mich die Lektüre sehr betroffen gemacht. Den vier Personen auf ihrem Heilungsweg zu folgen, ist hilfreich, ermutigend und nah. Dadurch lassen sich einige Variationen von Manipulation und ihre Wirkung gut aufzeigen und veranschaulichen. Dass Saraj Stutz in Zyklen vorgeht, um das Wirken narzisstischer Manipulation zu beschreiben, fiel mir als Außenstehende teilweise nicht so leicht nachzuvollziehen. Ich kann mir vorstellen, dass Betroffene das Buch verschlingen, weil sie in jedem neuen Kapitel mehr persönliche Aha-Momente, Wiedererkennungseffekte und befreiende Einsichten erleben. Auch die Übungen am Ende der Kapitel sind dezidiert an Menschen gerichtet, die ihren Weg heraus aus toxischen Beziehungsmustern finden möchten.
Wer sollte es lesen?
Menschen, die sich fragen, ob sie in toxischen Beziehungen leben, die verwirrt sind über sich und ihre Beziehung zu anderen, die sich immer an allem die Schuld geben … letztlich Menschen, die entweder ahnen oder wissen, dass sie Teil eines narzisstischen oder manipulativen Systems sind, aus dem sie einen Ausweg suchen.
Wo ist es erschienen?
SCM Hänssler, 336 Seiten, EUR 25,– (Buch), EUR 16,99 (E-Book)
ANDREA SPECHT ist Autorin und Lektorin und lebt mit ihrer Familie in Potsdam (www.textgehalt.de).