Manche Führungskräfte verwechseln Führung mit „Arbeit für mich und andere organisieren“. Führung ist aber weit mehr. Unter anderem beinhaltet Führen auch, für meine Mitarbeitenden zu sorgen – mich also um sie zu sorgen, zu kümmern, nahbar zu sein. Und spüren zu können, wann die Mitarbeitenden das gerade von mir brauchen.

 

Überzeugt statt gierig

Wie schnell schimpfen gerade Verantwortliche in Kirchen, Gemeinden, christlichen Werken oder anderen weltanschaulich verfassten Organisationen auf „die Betriebswirtschaft“ oder „das niedere Motiv der Gewinnerzielungsabsicht“. Schnell wird vom angeblichen „Regiment des Mammons und der Gier“ geredet, oft verbunden mit der Unterstellung, in Firmen würden Mitarbeitende für die Erreichung niederer Ziele ausgenutzt und alles drehe sich ums Geld.

 

Ist das so? Im Laufe meiner beruflichen Praxis habe ich hier und da sicher Firmen mit solchen Tendenzen erlebt. Ich habe aber auch sehr viele gut geführte, wertorientierte Organisationen erlebt, in denen man leidenschaftlich an guten Produkten oder an einer exzellenten, „Dienst leistenden“ Kundenorientierung arbeitet. Aus innerer Überzeugung, nicht aus Gier.

 

Zwischen Idealismus und Ausbeutung

Andererseits kann man gerade da, wo sich dies zum Beispiel schon aus Glaubensgründen verbietet oder großer Idealismus unterstellt wird, auf hemmungslosen Missbrauch, Ausbeutung, Gutsherren-Verhalten oder eben auch auf Gier stoßen, wie das pressegängige Beispiel der AWO in Südhessen gerade wieder eindrücklich zeigte. Die brüchige, verführbare Natur des Menschen wird ja durch idealistisches Engagement nicht beseitigt und oft stellt ja gerade das „Was-nicht-sein-Darf“ die größte Versuchung dar.

Gerade Idealisten brauchen das Innehalten, die Unterbrechung ihres Tuns, Besinnung, Regeneration, Gottesbegegnung, um sich nicht zu verzehren oder für unentbehrlich zu halten.

Unter Führungsaspekten ist gerade in weltanschaulich-idealistischen Organisationen die Gefahr groß, dass „Alles für die Hilfebedürftigen“ getan wird und für die eigenen Bedürfnisse und die der Mitarbeitenden keine Energie mehr bleibt. Nicht selten herrscht dahingehend sogar ein ungesunder, wenn nicht fahrlässiger, subtiler Erwartungsdruck, der unter der Oberfläche die Kultur vergiftet.

 

Auch und gerade Idealisten brauchen das Innehalten, die Unterbrechung ihres Tuns, Besinnung, Regeneration, Gottesbegegnung, um sich nicht zu verzehren oder für unentbehrlich zu halten. Doch nicht alle Mitarbeitenden bekommen das alleine gut hin – und darum braucht es eine Chefin oder einen Chef, die führen und dazu anleiten, gute Grenzen zu setzen, mit der eigenen Energie gut hauszuhalten und nach einem engagierten Arbeitstag einfach mal nach Hause zu gehen.

 

Jeder Tag hat bekanntlich seine eigene Last. Irgendwann muss das „Tagwerk“ getan sein. Die Früchte und Enttäuschungen eines jeden Tages dürfen abgegeben werden. Wir werden uns unserer Grenzen bewusst – und das ist gut so! Die Rolle des Erlösers ist meines Wissens nach schon besetzt.

Kristian Furch

ist Partner bei der Führungsberatung „LeadershipPartners“, die Unternehmen bei der strukturellen und individuellen Umsetzung „guter Führung“ unterstützt. Er ist verheiratet, hat drei erwachsene Kinder und zwei Enkelkinder.

 

 

www.leadership-partners.com

 

 

 

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