Ein wichtiger Bestandteil unseres psychischen Immunsystems liegt in der Fähigkeit, unser eigenes Leben ohne Wenn und Aber zu akzeptieren. Was so einfach klingt, erweist sich im Alltag als stetige Herausforderung. Denn manchmal gibt uns das Leben Saures. Menschen können uns zum Beispiel schmerzlich enttäuschen. Eigene Pläne können plötzlich von außen über den Haufen geworfen werden. Wenn gesundheitliche Einschränkungen auftreten, wir den Job oder – noch viel schlimmer – einen nahestehenden Menschen verlieren, können und wollen wir uns nicht damit abfinden. Wir lehnen uns innerlich auf. „Das darf doch nicht wahr sein!“, „Das Leben ist nicht fair!“ „Wieso lässt Gott das zu?“ – In solchen Momenten sind wir weit davon entfernt, diese Erschütterungen mit einem Kopfnicken hinzunehmen.

 

Aber was passiert, wenn wir gegen Lebensumstände ankämpfen, die wir nicht ändern können? Wir erschöpfen, hadern mit unserem Schicksal und drohen, zu verbittern. Ein zurückliegender Schicksalsschlag kann uns den Weg in eine lohnende Zukunft verbauen. Fortwährendes Nörgeln und ständige Unzufriedenheit deuten darauf hin, dass es Umstände und Ereignisse im Leben eines Menschen gibt, die er in sich selbst ablehnt.

Akzeptanz macht uns auch im Umgang mit anderen Menschen souveräner und unabhängiger. Wir müssen andere nicht permanent kontrollieren oder korrigieren.

Natürlich verlangt die Bewältigung von schmerzlichen Einschnitten, dass wir ein Chaos an Gefühlen durchleben, wütend, traurig, und verzweifelt sind. Ein weiterer, entscheidender Schritt zur Verarbeitung liegt jedoch darin, eine Haltung innerer Akzeptanz des Geschehenen zu finden. Das kann seelische Schwerstarbeit bedeuten. Doch wir brauchen Akzeptanz, wenn wir mit Entwicklungen konfrontiert sind, die wir nicht ändern können. Nur wenn wir bejahen, was ist, wird sich unser Leben wieder positiv weiterentwickeln. Als Jesus im Garten Gethsemane den leidvollen Kreuzestod vor Augen hat, ringt er betend mit Gott, dies zu verhindern. Am Ende seines inneren Kampfes wird er schließlich bereit, den Willen seines himmlischen Vaters zu akzeptieren.

 

 

Eine annehmende Haltung einüben

Diese akzeptierende Grundhaltung können wir in alltäglichen Situationen einüben. Wenn beispielsweise das Sonderangebot vergriffen ist, es trotz Sonnenprognose in Strömen regnet oder die Sehkraft nachlässt und eine Brille notwendig wird, haben wir die Wahl, uns entweder furchtbar zu ärgern, anderen die Schuld zu geben und uns zu beschweren – oder aber gelassen zu reagieren und zu akzeptieren, was wir nicht ändern können. Und vielleicht auch die verborgenen Chancen zu entdecken, indem wir Geld sparen, einen feucht-fröhlichen Spaziergang unternehmen oder uns eine schicke Brille zulegen.

 

Akzeptanz macht uns auch im Umgang mit anderen Menschen souveräner und unabhängiger. Wir müssen andere nicht permanent kontrollieren oder korrigieren. Eine bejahende Haltung, auch der kleinen Unzulänglichkeiten anderer, macht uns deutlich entspannter im Zusammenleben. Und wer beispielsweise immer noch versucht, seinen Partner zu verändern, verschwendet unnötig Energie und belastet die Beziehung. Wenn wir einander akzeptieren, wie wir sind, nicht wie wir idealerweise sein sollten, fühlen wir uns besser und freier.

 

Und nicht zuletzt bewirkt Selbstakzeptanz, dass wir uns in unserer Haut wohler fühlen. Wir haben Stärken und Schwächen, Fähigkeiten und Begrenzungen, sind weder perfekt noch faltenfrei. Ein gesundes Selbstvertrauen erwächst aus einer akzeptierenden Einstellung. So ist die Akzeptanz ein wertvoller Helfer, der Resilienz verleiht und bei der Bewältigung von Krisen entscheidend weiterhilft.

 

 

VERTIEFENDE FRAGEN: 

→ Welche Gegebenheiten in meinem Leben kann ich nur sehr schwer für mich akzeptieren?

→ Was hindert mich bis heute daran und welchen Nutzen könnte ich davon haben?

→ Wie würde es sich für mich anfühlen, wenn ich einen Lebensumstand akzeptieren würde, den ich bisher abgelehnt habe?

→ Welche positiven Aspekte kann ich für mich in einem negativen Vorkommnis entdecken? (z. B. „Wenn ich nicht gekündigt worden wäre, hätte ich mich nicht beruflich umorientiert und verbessert.“)

→ Welche Beispiele fallen mir ein, in denen ich es trotz anfänglicher Ablehnung geschafft habe, zu einem inneren „Ja“ zu finden und etwas Gutes daraus zu machen?

 

ÜBUNG: Nehmen Sie sich täglich einige Minuten Zeit, um ihre Lebenssituation mit etwas Abstand – wie aus der Vogelperspektive – zu betrachten. Begegnen Sie allem, was Sie vor Ihrem inneren Auge sehen, mit einer akzeptierenden Haltung. Alles darf so sein, wie es gerade ist, das Positive wie das Negative. Sie müssen nicht alles ändern. Vieles ist gut und darf so bleiben.

Unterscheiden Sie zwischen den Punkten in Ihrem Alltag, die Sie wirklich verändern können und denen, die Sie nicht verändern können. Heißen Sie auch die Lebensumstände willkommen, die Ihnen nicht schmecken. Es ist in Ordnung, wenn Sie zum Beispiel darüber traurig sind. Führen Sie sich vor Augen, dass es nicht in Ihrer Macht steht, alle Lebensumstände oder andere Menschen fest im Griff zu halten. Aber es liegt an Ihnen, welche Haltung Sie einnehmen.

 

 

Gebet: „Jesus Christus, ich entdecke immer wieder Punkte in meinem Leben, die ich mir anders gewünscht hätte. Es fällt mir schwer, zu akzeptieren, was meinen Erwartungen und Vorstellungen widerspricht. Aber ich danke dir dafür, dass ich vor dir sein darf mit allem, was zu mir gehört. In deiner starken Hand bin ich geborgen und komme ich zur Ruhe. Du bist so viel größer als das, was mir zu schaffen macht. Deshalb vertraue ich mich dir an. Lass mir Geduld und Zuversicht zufließen, um auch das, was mir zu schaffen macht, als Teil meines Lebens anzunehmen. Amen.“

Matthias Hipler

betreibt eine Praxis für Psychotherapie, Paartherapie und Coaching in Hanau.

 

www.psychotherapie-hipler.de

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