Ich arbeite schon seit vielen Jahren mit vier Kolleginnen im Büro. Wir hatten immer eine super Zusammenarbeit, haben einander unterstützt und hatten viel Spaß. Vor einigen Wochen ist eine neue Kollegin dazugekommen – und sie verbreitet einfach nur schlechte Laune! Sie hat an Tag eins lauthals verkündet, dass sie die Versetzung zu uns nicht wollte, und jetzt leiden wir alle darunter. Wie kann ich damit umgehen?“

 

 

Schlechte Laune ist ansteckend – und gute auch! Dies ist schon lange keine Binsenweisheit aus der Alltagspsychologie mehr, sondern wissenschaftlicher Fakt: Gefühle und Stimmungen sind ansteckend. Das merkt man oft erst dann, wie im hier beschriebenen Fall, wenn ein neuer Faktor dazukommt, der das bestehende System ins Wanken bringt.

 

Das System verstehen

Der erste wichtige Schritt hier ist wahrzunehmen, was passiert. Dass nämlich das wohltuende, positive System plötzlich kippt. Ich warne jedoch ausdrücklich davor, bei jemandem die Schuld zu suchen, auch wenn dieser Gedanke sehr naheliegend und verlockend scheint. Viel schlauer ist es, das System dahinter zu verstehen und entsprechend gegenzusteuern.

Dass Stimmungen ansteckend sind, liegt vor allem an den Spiegelneuronen in unserem Gehirn, die dafür sorgen, dass wir unser soziales Umfeld imitieren, damit wir gut hineinpassen.

Dass Gefühle und Stimmungen ansteckend sind, liegt vor allem an den Spiegelneuronen in unserem Gehirn. Die sorgen nämlich unter anderem dafür, dass wir unser soziales Umfeld imitieren, damit wir gut hineinpassen. Außerdem helfen sie uns beim Mitfühlen – und das macht ja die Spezies Mensch besonders aus. Manch einer ist besonders anfällig für emotionale Ansteckung, andere sind es nicht so. Dies hat mit Persönlichkeit und Prägung zu tun, und auch hier ist es ratsam, möglichst gut über sich selbst Bescheid zu wissen.

 

Fakt ist übrigens auch, dass wir uns die emotionalen und stimmungsmäßigen Impulse gerne „von oben“ holen, also von Vorbildern oder – im Berufsleben zum Beispiel – von Vorgesetzten. Das heißt, dass diese Gruppe von Menschen eine besondere Verantwortung trägt und sich der eigenen Emotionalität besonders bewusst sein sollte, weil sie sehr prägend für andere sein kann.

 

Aber auch in allen anderen Situationen und Lebensrollen sollten wir uns bewusst sein, dass unsere Gefühle und Stimmungen ansteckend sind. Wer fies ist und Böses im Sinn hat, nutzt dies zur Manipulation anderer. Wer wohlwollend ist und Gutes im Sinn hat, nutzt dies, um Stimmungen positiv zu beeinflussen. Diese sekundäre emotionale Ansteckung ist die eine Variante und geschieht sehr bewusst und mit Kalkül. Die andere Variante ist die primäre emotionale Ansteckung, welche automatisch und meist unbewusst geschieht und vor allem: ständig – wie im hier geschilderten Fall!

 

Gemeinsam Lösungen finden

Ich kann nur mutmaßen, welche Gefühle bei der neuen Kollegin im Team eine prägende Rolle spielen: Unsicherheit? Der Kampf um einen guten Platz in der Gruppe? Bedenken, an der richtigen Stelle zu arbeiten? Hier wird sich ein gutes Team-Gespräch lohnen, und gegebenenfalls auch eine Mediation mit jemandem, der als neutrale Person solch ein Gespräch anleitet. Ziel sollten gemeinsame Strategien und Lösungen sein.

Etwas, das jeder sofort tun kann, und was nachweislich funktioniert: der schlechten Stimmung die gute entgegensetzen!

Etwas, das jeder sofort tun kann, und was nachweislich funktioniert: der schlechten Stimmung die gute entgegensetzen! Tatsächlich kann ich emotionale Ansteckung nur mit einem guten Gegengift ändern. Und wenn das gemeinsam erfahrene Team in der Mehrheit ist, stehen die Chancen gut, dass die gute Stimmung wiederkommt, indem es sie einfach lebt – so wie immer. Mit einer „Wie-geht’s-Runde“ am Montagmorgen, gemeinsamen heiteren Kaffeepausen und kleinen freundlichen Gesten über die Tage verteilt. Es würde mich wundern, wenn die Stimmung weiterhin im Keller bleibt!

BUCHTIPPS ZUR VERTIEFUNG

 

„Alles Liebe! Das kleine Überlebensbuch: Soforthilfe bei Kummer, Kränkungen und weiteren Unfreundlichkeiten“ von Claudia Croos-Müller, 48 Seiten, Kösel

 

„Besser fühlen: Eine Reise zur Gelassenheit“ von Leon Windscheid, 272 Seiten, Rowohlt Taschenbuch

Tina Tschage

hat Theologie und Personal- und Organisationsentwicklung studiert und das Handwerkszeug der Redakteurin erlernt. Sie lebt als Single-Frau in einer christlichen Gemeinschaft in München und arbeitet freiberuflich als Coach, Speakerin und Autorin.

 

www.tina-tschage.de 

Die Fragen in unserer Rubrik „Lebensfragen“ sind aus dem Erfahrungshintergrund der Beraterinnen und Berater exemplarisch formuliert worden, sodass jederzeit strenge Vertraulichkeit gewährleistet bleibt. Wir veröffentlichen keine seelsorgerlichen Anfragen an die Redaktion ohne vorherige ausdrückliche Genehmigung der Ratsuchenden.

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