Wie heiβt’s?
Die Mitternachtsbibliothek
Wer hat’s geschrieben?
Matt Haig, 45, Autor zahlreicher Bestseller wie „Ziemlich gute Gründe, am Leben zu bleiben“, „Mach mal halblang“ oder auch „Wie man die Zeit anhält“. Darüber engagiert sich der Brite auch rund um Themen der psychischen Gesundheit. Seine persönliche Erfahrung mit Depressionen, Ängsten und Suizidgedanken ist oft Thema in seinen Büchern. Viele Leser beschreiben seine Arbeit als „lebensrettend“. Er wohnt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern im südenglischen Brighton.
Worum geht’s?
Nora Seed, eine junge Frau, hat ein Leben voller „Beinahe“ gelebt – ein Leben, wie sie findet, voller vergeudeter Möglichkeiten: Beinahe Olympia-Schwimmerin. Beinahe ein Rockstar. Beinahe glücklich verheiratet. Beinahe Gletscherforscherin. Jetzt ist ihr Leben einsam und monoton, ohne Freunde, ohne Zukunft, ohne Antrieb, entfremdet von der Familie. Ihr einziger Kumpan: ein Kater, mit dem sie ihre schäbige Wohnung teilt. Tiefer und tiefer rutscht sie in Depressionen und Bedauern. Und als sie eines Tages letztlich auch ihren Kater und ihren Job verliert, sieht sie keinen anderen Ausweg als Suizid zu begehen …
Doch sie erwacht in der Mitternachtsbibliothek, geleitet von ihrer einstigen Schulbibliothekarin Mrs Elms, Hüterin unendlich vieler Bücher über alternative Leben, die Nora hätte führen können, und die sich einzig durch die Entscheidungen, die sie einst anders getroffen hat, unterscheiden. Und genau hier bietet sich Nora eine einzigartige Chance: Während sie zwischen Leben und Tod schwebt, kann sie rückgängig machen, was sie bereut. Herausfinden, wie ihr Leben verlaufen wäre, hätte sie anders gewählt: Den Plattenvertrag unterschrieben. Den Mann geheiratet. Die Sportlerkarriere verfolgt. Wissenschaftlerin in der Arktis geworden … Doch bald schon findet Nora heraus, dass jede dieser Existenzen ihre eigenen Tücken mit sich bringt und das Gras auf der anderen Seite des Zaunes nicht immer grüner ist. Und dass die Richtung eines Lebens nicht von einer einzigen Entscheidung gelenkt wird.
Wie ich es finde.
„Die Mitternachtsbibliothek“ ist ein Buch mit starken Anklängen von „Ist das Leben nicht schön?“ oder auch „Die Dunkle Nacht der Seele“, das ich immer wieder lesen könnte! Haig versetzt den Leser mit seinem unvergleichlichen Erzähltalent und seinem sensiblen Gespür für die menschliche Seele in Noras Schmerz, ihre Sehnsüchte und Reue, doch nach und nach auch in ihren langsam aufkeimenden Lebenswillen, bis hin zu einer neu gefundenen Lebensfreude, die sich für Leser und Protagonistin wie ein warmer Frühlingstag entfaltet. Oft unterstrich ich Passagen, in denen sich die für Matt Haig typische Wärme und Weisheit konzentrierte, und kritzelte meine eigenen Gedanken an die Ränder.
Wie viele seiner Bücher ist auch dieses die sprichwörtliche „literarische Hühnersuppe“, die ich stapelweise an Freunde verteile, denen ich Mut und Hoffnung machen oder mit denen ich einfach eine wunderschöne Geschichte teilen möchte. Matt Haigs Bücher sind, schlichtweg, Medizin für die Seele.
Wer sollte es lesen?
Menschen, die sich verloren fühlen und deren Leben sich wie festgefahren anfühlt. Die ihr eigenes „Buch des Bereuens“ mit sich herumschleppen. Und solche, die sich gern verzaubern lassen.
Wo ist es erschienen?
Droemer Knaur (München), 320 Seiten, EUR 20,- (Buch, gb.), EUR 17,99 (E-Book)
PATTY DOHLE
ist gelernte Buchhändlerin und leitet einen Buchladen in der englischen Kleinstadt Witney in der Nähe von Oxford.