„Mein 4-jähriger Sohn kommt in letzter Zeit häufiger mit Ausdrücken aus dem Kindergarten, die sich auf die Geschlechtsteile beziehungsweise auf den Geschlechtsakt beziehen, die aber sehr abwertend und negativ sind. Wie kann ich mit meinem Kind auf angemessene und positive Weise über Sexualität reden?“

 

 

Eine positive Einstellung zur Sexualität und damit verbunden zum eigenen und auch zum anderen Geschlecht, ist eine wichtige Grundlage für gute Beziehungen – und zwar nicht nur innerhalb einer Partnerschaft, sondern auch grundsätzlich im Miteinander von Mann und Frau. Trotz aller Emanzipation, Aufklärung und Enttabuisierung der Sexualität fällt es Eltern immer noch schwer, mit ihren Kindern über die „schönste Nebensache der Welt“ zu reden.

Die schlichte Formel für eine gute Kommunikation lautet: „Sprich mit deinem Kind über Sexualität, wenn es dich fragt.“ Das ist ein sehr guter Rat! Allerdings stellt nicht jedes Kind Fragen und nicht jedes Kind lernt hauptsächlich durch Sprache. Natürlich ist es wichtig, dass Kinder im Alltag mit Worten begleitet werden, auch in diesem Bereich; aber es gibt durchaus noch mehr Möglichkeiten, wie wir Kindern eine positive Einstellung zur Sexualität vermitteln können.

  

Achten Sie auf Ihre Sprache!

Benennen Sie von Anfang an die Geschlechtsteile Ihres Kindes mit dem richtigen Namen. Für ein Kind sollte sein Geschlechtsteil genauso natürlich sein wie seine anderen Körperteile. Wenn Kinder Begriffe wie „Ficken & Co.“ benutzen, fragen Sie in einem ruhigen Moment nach, ob das Kind weiß, wovon es redet. Dann erklären Sie in einfachen Worten, wie Gott sich den Sex gedacht hat: einvernehmlich, gewaltfrei, rücksichtsvoll, achtsam für sich selbst und den anderen, in einer verbindlichen Beziehung, in der man Verantwortung füreinander übernimmt.

 

Natürlich sollten Sie auch versuchen, alle Fragen, die Kinder stellen, so gut es geht zu beantworten. Manchmal passen Ort und Zeit gar nicht, wenn ein Kind eine Frage hat. Dann bitten Sie es, auf eine Antwort zu warten und versäumen Sie nicht, tatsächlich zu einem späteren Zeitpunkt darauf zurückzukommen.

 

Achten Sie die Intimsphäre Ihres Kindes!

Wer gelernt hat, seinen eigenen Körper positiv wahrzunehmen und sich auf seine Gefühle verlassen zu können, hat eine gute Grundlage, um seine Sexualität positiv zu gestalten. Deshalb sollte ein Kind entscheiden dürfen, ob es alleine auf der Toilette sitzen oder sich anziehen will, ob es die Oma in den Arm nehmen darf oder es auf Opas Schoß krabbeln will. Wenn die Gefühle eines Kindes häufig übergangen werden, lernt es nur, dass es sich nicht auf seine eigene Wahrnehmung verlassen kann und ist damit viel anfälliger für das Überschreiten von Grenzen durch Erwachsene oder andere Kinder.

Wenn die Gefühle eines Kindes häufig übergangen werden, lernt es nur, dass es sich nicht auf seine eigene Wahrnehmung verlassen kann.

In dieser Spannung befindet sich nicht nur unsere Sexualität, sondern unser ganzes Leben. Deshalb sollten Kinder beides lernen. Sie sollten die Erfahrung machen, dass man sich über schöne Gefühle zum Beispiel beim Kuscheln, aber auch beim Essen, beim Spielen, bei allem, was Spaß macht, wirklich freuen und sie genießen darf. Aber Kinder sollten ebenfalls lernen, dass man manchmal aus Rücksicht auf andere auf etwas verzichten und dass man nicht immer alles sofort bekommen muss. Warten-können und Verzichten-können haben einen Wert, weil sie uns Geduld lehren und die Vorfreude steigern.

 

Sorgen Sie für einen guten Umgang mit Medien!

Das gute alte Vorlesen von geeigneten Kinderbüchern hilft in diesem Bereich sehr, mit Kindern ins Gespräch zu kommen. Darüber hinaus ist es heutzutage unerlässlich, darauf zu achten, was die Kinder sich im Fernsehen, im Internet oder auf dem Handy anschauen. Frühzeitige Regeln für den Umgang mit diesen Medien erleichtern vieles. Auch hier hilft aber das gemeinsame Anschauen von Filmen oder Clips, über vieles ins Gespräch zu kommen, worüber man im Alltag eher weniger redet. Medien könnten so nicht nur ein Babysitter-Ersatz sein, sondern als hilfreiche Mittel zum Austausch und damit zur Vermittlung von Werten genutzt werden.

 

Seien Sie ein Vorbild!

Und schließlich: Wie jedes Erziehungsthema lädt auch diese Frage dazu ein, die eigene Haltung und das eigene Verhalten in den Blick zu nehmen, darüber nachzudenken und zu reden und eventuell Veränderungen anzustreben. Ihr Vorbild in allen oben genannten Bereichen ist wichtig! Wenn Kinder grundsätzlich einen liebe- und respektvollen Umgang der Eltern miteinander erleben, der ihnen auch zeigt, dass Spannungen und Konflikte zum Leben dazu gehören, dass aber Vergebung und Versöhnung möglich sind, dann haben sie eine gute Grundlage, sich selber und andere anzunehmen, auch in Bezug auf ihre Geschlechtlichkeit.

 

 

→ Weiterlese-Tipp: „Mama, Papa und ich“ von Meryl und Malcolm Doney (Brunnen Verlag)

Claudia Hörster

Jahrgang 1966, verheiratet, Mutter von sechs Kindern, ist Fachreferentin für Familie und Erziehung. 

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